Full text: L-Z (2. Band)

476 
Stabilitäts-Problem. 
zwar schon in den Artikeln Himmels- 
Mechanik, S.776flgd., undPertur- 
bationen, S. 298 flgd., discutirt, mich 
aber dabei alsogleich auf den erhaben 
sten , rein teleologischen Standpunct er 
hoben , und darüber das eigentlich Wis 
senschaftliche der Betrachtung vielleicht zu 
sehr vcrnachläßigt. Diese Lücke findet fich 
mittelst der nachstehenden Erörterungen 
des hehren Gegenstandes, deren hand 
schriftliche Mittheilung ich dem uns schon 
bekannten wackern Astronomen vr. Wil 
helm Lehmann (sonst Pastor zu 
Derwitz bei Potsdam, jetzt privatisirend 
zu Berlin) verdanke, so vortrefflich aus 
gefüllt, daß ich mein Werk durch die un 
eingeschränkte Aufnahme zu zieren, und 
die Leser durch Einweihung in eine so 
tiesfinnige und gleichwohl so gemeinfaß 
liche Arbeit zum besondern Danke zu ver 
pflichten hoffen darf, wobei selbst die ei 
genthümliche Rückficht, welche den Geist 
lichen beim Vortrage leitet, nicht ohne 
Anerkennung bleiben wird. 
„Der analytische Calcül," so drückt sich 
aber unser nunmehriger Führer auf die 
sem Gebiete aus, „indem er nur das 
große New ton'sch e Grundgesetz der 
Gravitation in allen seinen mögli 
chen Anwendungen entwickelt, ist nach dem 
treffenden Ausspruch des unvergleichlichen 
L a p l a c e eben so sehr eine unerschöpfliche 
Quelle von Entdeckungen geworden, 
als die Beobachtung. 
Diesen Gedanken müssen wir vorzüg 
lich geltend machen, wenn wir die gren 
zenlose Vergangenheit, Gegen 
wart und Zukunft der Schicksale 
des Weltsystems in Einen großen 
Ucbcrblick zusammenfassen wollen, wie es 
zu einer vollständigen Theorie 
der Säcular-Ungleichheiten der 
Planetenbahnen unabweislich noth 
wendig ist. Es ist dem Menschen ein 
göttlicher Funke in der Brust angezündet, 
welcher bei dem, der nicht in der Sinn 
lichkeit versunken ist, durch den Anblick 
der Wunder der Schöpfung zur Hellen 
Flamme angefacht wird; eine unwider 
stehliche Sehnsucht treibt ihn, seine For 
schungen, so weit cs in menschlicher Kraft 
steht, in die Ewigkeit, nach beiden Seiten 
Vortrages über „Säcutare Aenderungen," 
welcher Ihre Ansicht fixiren helfen wird. 
hin, in die Vergangenheit und Zukunst, 
auszudehnen. Unmöglich können sich da 
her die Bedürfnisse der Astronomie auf 
den kurzen Zeitraum von 1000 oder 1200 
Jahren einschränken, wenn gleich es nach 
unserer jetzigen Wissenschaft unthunlich 
seyn möchte, so specielle Begebenheiten, 
wie Sonnen- und Mondfinsternisse, Durch 
gänge der Planeten durch die Sonne, 
Bedeckungen der Planeten vom Monde 
und der Planeten unter einander, auf 
einen viel längeren Zeitraum vor- und 
rückwärts mit einiger Schärfe zu berech 
nen. Aber hat es denn die Sternkunde 
nur mit eracten Vorauöankündigun- 
gen zuthun? Sind solche Zeitbestimmun 
gen des Standes der Himmelskörper, 
welche mit einer Ungewißheit von einem 
ganzen Tage und darüber behaftet sind, 
ohne alles Interesse? Greifen sie nicht 
vielmehr tief in alle Angelegenheiten des 
Volkslebens ein? Denn die Zeitrech 
nung darf doch nicht ein Privilegium 
einzelner Gelehrter, sondern muß ein Ei 
genthum des ganzen Volkes seyn, und 
die Erfahrung hat zur Genüge gelehrt, 
daß nur diejenige Ordnung der Schalt 
jahre und Hauptfeste zum Heile der christ 
lichen Völker und zur dauernden Einig 
keit führt, welche nicht sowohl in jedem 
einzelnen Jahre haarscharf den wahren 
Nachtgleichen- und Vollmondstagen ent 
spricht , als vielmehr fich denselben nur 
im Ganzen anschließt (mit gestatteter 
Abweichung von einem oder ein paar 
Tagen, doch so, daß der Fehler sich nicht 
continuirlich anhäuft), und dabei eine 
möglichst einfache, auch von dem 
gemeinen Manne und namentlich von der 
der Mathematik entfremdeten Geistlichkeit 
leicht zu handhabende, sogenannte cy- 
klische Regel befolgt. In dieser Hin« 
sicht muß uns, mit Beisettsetzung der 
übrigen Planeten, eine Rechnung will 
kommen seyn, welche wenigstens den 
scheinbaren Laus der Sonne und des 
Mondes und das harmonische Inein 
andergreifen dieser beiden Bewegungen, 
wie es sich in dem sogenannten syno- 
dischen Monat (der Zeit von einem 
Vollmond bis zum andern) kund gibt, 
auf so lange Zeit als möglich im Vor 
aus entwickelt, so daß die dabei zurück 
bleibende Ungewißheit der Bestimmung 
der Nachtglcichen und Vollmonde weni-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.