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Stabilitäts-Problem.
wegen der Geringfügigkeit der Merkurs-,
Venus-, Erd- und Marsmasse, im Ver
gleich zur Jupiters-, Saturns- undUra-
iiusmasse, auch unter Voraussetzung sehr
großer Ercentricitäten und Neigungen
nur einen kleinen Theil beitragen. Den
noch boten La place, und nach ihm
Pontöcoulant alle ihre Kräfte auf,
den Beweis der ewigen Stabilität auch
der Merkurs-, Venus-, Erd- und Mars
bahn, wonach diese selbst unter beträcht
lichen Schwankungen immer zu einem
dauernden Mittelzustand zurückkehren soll
ten , so bündig als möglich zu führen,
wobei sie die verstecktesten Geheimnisse der
Algebra, der verwickelten Natur der Wur
zeln höherer Gleichungen, heraufbeschwo
ren und sich nicht mit ganz allgemeinen
Betrachtungen begnügten, sondern auch
unter Berücksichtigung der ans den Beob
achtungen hergeleiteten wirkliche n, i n
Zahlen ausgedrückten Ele men te
der einzelnen Bahnen (der von
dem Petersburger Schubert so genann
ten positiven Gesetze unseres Pla-
ncten-Spstems, siehe dessen thcoreti-!
s ch e Astronomie, Theil 3, S. 13.14.)
die fast unübersehbaren numerischen Rcch-^
nungen, von den beiden Bouvard un
tcrstützt, durchführten. Aber es fehlte
noch immer eine Hauptsache, die Berück
sichtigung der mit den dritten Potenzen
der Ercentrieitaten und Neigungen be- 1
hafteten Glieder, deren Weitläufigkeit
immer von der vollständigen Entwicklung ;
abschreckte (es sind für die Formel de/
Säcular-Aenderungen jedes einzelnen Ele-
ments einer Planetenbahn über 40001
solche Glieder), und die bei oberflächli
cher Ansicht für unbedeutend gehalten
wurden. Le Verrier hatte zuerst den
Muth, diese Schwierigkeit zu überwin-i
den, d. h. nicht sowohl die gedachten
Glieder vollständig zu entwickeln (was
vielleicht erst nach einigen Jahrhunderten
geschehen wird, wenn wir auö fortgesetz
ten Beobachtungen viel genauere Bestim
mungen der Massen der einzelnen Pla
neten haben werden, als jetzt), als viel-
Masse und mit der Quadratwurzel der
mittlere» Entfernung mnlriplicirt, un
verändert bleibt, wenn man die dritten
Potenzen der Excentricikäteu »nd Nei !
gungen vernachläßigt.
mehr sie nur näher in Ueberlcgung zu
nehmen, und die Berechnung so weit
durchzuführen, als für die Entscheidung
der Lebensfrage der Stabilität unum
gänglich nöthig war. Glücklicherweise kam
er dadurch auf diejenige Lösung des Pro
blems, welche uns nach unserer jetzigen
Kenntniß der Planetcnmaffen (kurz ge
sagt, nach allen bisherigen Beobachtun
gen) überhaupt zugänglich ist. Unser
Wissen ist Stückwerk, und unser Weissa
gen ist Stückwerk. Aber es gehört we
sentlich mit zur menschlichen Weisheit,
unter dem Stückwerk das Gewisse von
dem Ungewissen scharf zu unterscheiden.
Wir können, indem wir die Planeten
massen in Zahlen ausdrücken, deren Ein
heit die Sonnenmasse ist, bei jeder ein
zelnen dieser Zahlen gewisse Grenzen an
geben, innerhalb deren der noch mögliche
Fehler sicherlich eingeschlossen ist; so sa
gen wir jetzt, die Merkursmasse sey
'/4865751 der Sonnenmasse und ungewiß
um '/3 des eben angeführten Bruches,
d. h. sie könnte allenfalls auch X
’/4865751 oder Vs X '/4865151 der Son-
ncnmasse betragen. Le Berrier war
in dieser Hinsicht sehr vorsichtig, indem
er überall die Ungewißheit lieber zu groß
als zu klein anschlug. Hieralls ergaben
sich ihm nun folgende wichtige Sätze:
1) Die Ercentricitäten und Neigun
gen dcr Jupiters-, Saturns- und
Uranus bahn bleiben stets (wenigstens
auf viele Millionen von Jahren) in sehr
engen Grenzen eingeschlossen, so daß die
Zeichnung dieser Bahnen, oberflächlich
angesehen, nie merklich von der Kreis-
gestalt abweichen wird; deßgleichen be
wegen sich ihre Apsiden- und Knotenlinien
zwischen den Fixsternen stets nur mit äu
ßerster Langsamkeit; es werden zur Er
reichung dcr Maxima und Minima der
Ercentricitäten und gegenseitigen Nei
gungen (welche Maxima und Minima
übrigens nicht bei allen Pulsationen gleich
sind), deßgleichen zu einem vollständigen
Umlauf der Apsiden- und Knotenlinien
durch den ganzen Thierkreis oder zum
Zusammenfallen je zweier Apsiden - und
Knotenlinien, Perioden von 900000, ja
von Millionen Jahren erfordert; dcr
Einfluß der mit den dritten Potenzen der
Ercentricitäten und Neigungen behafte
ten Glieder in den Säcular-GleichuugS-