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Stabilitäts-Problem.
als habe sich die Beschleunigung seiner
mittleren Bewegung schon durch Verglei
chung seiner Erscheinungen in den Jah
ren 1607, 1682 und 1759 unzweideu
tig herausgestellt, wird uns über diesen
Gegenstand bald gründlicher belehren,
wenn seine Störungen durch Jupiter ge
nauer als bisher berechnet, und die Beob
achtungen des Jahrs 1835 mit zu Hülfe
genommen seyn werden. So viel aber
können wir schon fast zweifelsfrei anneh
men , daß auch die Planeten, mit Ein
schluß unserer Erde, dem Einfluß des
Aethers unterworfen seyn müssen, der
sich nur wegen ihrer unvergleichbar viel
größeren Dichtigkeit den bisherigen,
2000jährigen Beobachtungen (von denen
die des Alterthums sehr ungenau waren)
noch nicht zu erkennen gab. Um dieses
Widerstandes willen wird sowohl das side-
rische, als auch das davon abhängende
tropische Jahr immer mehr verkürzt,
die Erde kommt der Sonne immer nä
her und muß nach vielen Millionen von
Jahren in dieselbe stürzen. Man miß
verstehe diese Worte nicht, als sollte da
mit gesagt werden, die Erde müsse so
lange stehen, bis sie in Folge des Wider
standes des Aethers in die Sonne stürzt
(oder mit Venus oder Mars zusammen
stößt) , da es vielmehr der Allmacht ein
Leichtes ist, selbst bei der jetzigen Ent
fernung der Erde von der Sonne, und
bei der jetzigen Jahreslänge und ohne
irgend ein Zusammenstoßen mit einem
anderen Weltkörper die Elemente vor
Hitze (auch ohne Mitwirkung der Sonne)
zerschmelzen zu lassen. Den Tag und
die Stunde des Gerichts weiß niemand
u. s. w. Es kann sich hier nur um Be
antwortung der Frage handeln, nach wie
viel Zeit wir fürchten können, daß, um
der verkürzten Jahreslänge willen, das
hier vorgeschlagene Schaltsystem nicht mehr
passe. Es läßt sich aus dem Grade der
Genauigkeit der einzelnen, der Rechnung
zum Grunde gelegten Beobachtungen be
stimmen , welch eine Abweichung der
scheinbaren Bewegung der Sonne von
der ohne Widerstand des Aethers stattfin
denden man immer noch als möglich zu
geben muß. Die älteren Beobachtungen
entscheiden darüber (ungeachtet ihrer Ün-
genauigkeit) durch ihre Vergleichung mit
den neueren Beobachtungen besser, als
wenn man nur die letzteren unter sich
vergleicht, weil bei jenen der Vortheil
des langen Zeitraums obwaltet,
der sie von den neueren Beobachtungen
trennt. Außerdem hat Laplace durch
eine scharfsinnige Analysis gezeigt, daß
man über den größtmöglichen Widerstand,
den man bei der Bewegung der Erde um
die Sonne annehmen darf, durch die äl
testen Mond-Beobachtungen besser ent-
scheiden kann, als sselbst durch die Son
nen - Beobachtungen , indem er bewies,
vaß die Wirkung des Widerstandes auf
die geocentrische Länge des Mondes 102>nal
größer seyn müsse, als die Wirkung aus
die geocentrische Länge der Sonne. Die
Beobachtung der oben angeführten Mond-
finsterniß zu Babylon, bei welcher die
Bestimmung der Zeit des Vollmondes
höchstens um eine Viertelstunde zweifel
haft ist, stimmt innerhalb der Grenzen
ver ebengenannten Ungewißheit genau
mit demjenigen Mondlauf, den man,
durch Rückwärtsrechnung von jetzt an,
nach den bloßen Gesetzen der Gravitation
(natürlich auch mit Rücksicht ans die von
deb verminderten Excentricität der Erd
bahn herrührende saculare Beschleunigung
des Mondes) ohne Zuhülferufung eines
widerstehenden Mittels findet. Da nun
vom Jahr 721 vor Chr. bis jetzt 2566
Jahre verflossen find, so kann man sa
gen, daß die Wirkung des Widerstandes
auf die geocentrische Länge des Mondes
sich in 2566 Jahren höchstens bis auf
denjenigen Bogen der Ekliptik angehäuft
hat, um welchen der Mond nach seiner
synodischen Bewegung in einer Vier
telstunde fortrückt. Da nun die sy-
uodische Bewegung des Mondes 12 >/ 3 inal
schneller ist, als die Sonne sich in der
Ekliptik bewegt, so haben wir die Eine
Viertelstunde mit 12 l / 3 zu multipliciern
und durch 101 zu dividiren, um zu fin
den, wie viel obiges Schaltsyftem um des
Widerstandes willen in 2566 Jahren vom
Himmel abweichen kann. Diese Abwei
chung beträgt also nicht mehr als 1 Mi
nute 50 Secunden. Sie häuft sich aber
wie das Quadrat der Zeit an, und
kommt daher im Jahre 30000 kaum aus
3 '/z Stunden. Der Widerstand des Ac
thers legt daher dem hier vorgeschlage
nen Schaltsystem kein Hinderniß in den
Weg.