Full text: L-Z (2. Band)

550 Strahlenbrechungen. 
besondern Anwendung hiervon nament 
lich ans Sonne und Mond hinten). 
Steht das Gestirn aber im Zenith 
Z selbst (zu welchem Umstande ich nun 
kommen wollte), so geht der Strahl ZE, 
welcher solchergestalt auf alle conccntri- 
sche «schichten des Luftkreises senkrecht 
fällt, dein allgemeinen Gesetze der 
Brechung, vergl. d. A., gemäß, durch 
sie alle ungebrochen hindurch. Dagegen 
werden die Strahlen wie lVl K, F Ò, um 
so stärker gebrochen, je schiefer sie 
auffallen, d. h. je näher das Gestirn dem 
Horizonte erscheint. Mithin gibt es (vgl. 
die vorstehende Anmerkung) im Zenith 
(und dem dafür zu setzenden Mittel 
puncte der Erde eben sowohl keine 
Parallaxe, als auch) keine Strah 
lenbrechung; von da an nach dem 
Horizonte nehmen die Refractionen aber 
immer mehr zu, und im Horizonte selbst 
ist die „Strahlenbrechung," welche dann 
den Namen der Horizontalrefrac- 
t i o n * erhält, die stärkste. Dabei bleibt 
* Beobachtung und Rechnung gebe» die 
mittlere (d. h. — vgl. hinten — die 
bei einer Barometerhöhe von 28 Zvll und 
—10 Krad des Reauniür'fchen Thermo 
meters Statt findende) „Horizontal- 
Refractivn," »ach deren Größe man 
gleich fragen könnte, = 32' 24"; — 
und dieß will (wie ich, um einer Zwei 
deutigkeit zu begegnen, noch hinzufüge) 
also soviel sagen : Wenn sich ein Gestirn, 
z. B.^zunächst ei» Fixstern, welche» 
wir als einen bloßen Punct betrachten 
können, seinem w i r kl i ch e » Stande ge 
mäß, erst eben im Horizonte zeigen sollte, 
so erscheint dieser Fixstern, gehoben 
durch die Refraction, in seinen, 
Bertical vielmehr schon 32' 24" über 
dem Horizonte ; seine scheinbare Höhe 
in diesem Bertical, statt, wie sie sollte, 
nur noch — 0 z» seyn, betragt schon 
32' 24". — Für die Sonne und den 
Mond, welche bei dem 30' und dem 
nach (nahe) eben so viel als die Hori- 
zontalrefraction betragenden Durchmesser 
il,rer Scheiben nicht, wie die Fixsterne, 
selbst Punct - gleich betrachtet werden 
könne» , gilt das Gesagte von ihren, 
oberste» Randpuncte; wen» nur 
erst dieser Punct wirklich ii»Ho- 
rizonte seyn sollte, erscheint (vergl. 
es, der Natur der Sache gemäß, offen« 
bar ganz gleichgültig, ob das Gestirn, 
z. B. in der Linie M K, näher oder ent 
fernter steht; und die Réfraction ist dem 
nach für die unendlich weiten Fixsterne 
dieselbe, wie für die näheren Gestirne: 
die Planeten, die Sonne, den Mond 
u. s. w. 
Daß — um den Gegenstand nach die 
sen Erklärungen historisch zu verfolgen 
— schon Ptolemäus diese „astronomi 
schen Strahlenbrechungen" gekannt habe, 
schließt M 0 ntücla * („Histoire des 
mathématiques.“ 2. Anst. Paris. 1799. 
4. B. 4.) aus einer Stelle des Engli 
schen Naturforschers Roger Bacon 
(Franciscaner-Mönch und als solcher ge 
storben zu Oxford 1292), dessen bezüg 
liche Schrift „Perspectiva“ im Jahre 
IG 14 an das Licht getreten ist. Allein 
es scheint dabei ein Irrthum zu Grunde 
zu liegen, indem wenigstens des Ptole 
mäus „Almagest" Nichts über „Strah 
lenbrechung" enthält, daher angenommen 
werden muß, daß den Alten (wie ich 
auch schon mehrmals, namentlich im Art. 
Schatten, S. 381 , vermuthet habe) 
von dieser astronomischen"* Strah 
lenbrechung Nichts wissend gewesen sey. 
„ Dagegen spricht der uns aus dem Art. 
Atmosphäre, S. 75, erinnerliche Ara- 
hinke») schon die ganze Scheibe über 
dem Horizonte: die Wirkung der „Hu 
ri z v n t a l réfraction" auf Sonne und 
Mond besteht darin, beide Gestirne schon 
ganz ü b e r de», Horizonte erscheinen 
zu lassen, wenn sich wirklich nur eben 
erst ihr v b e r st e r R a » d punct in dem 
selben befindet. 
* Joseph de, Mitglied des Pariser Natio 
nal - Instituts, gest. zu Versailles 1799. 
** Wohlverstanden von der „astronomi 
schen"; die B r e ch u n g i in A l l g e- 
», einen war (vergl. d. Art. S. 125) 
schon dem Aristoteles sehr wohl be 
kannt. Auch meint Lalande „Astro 
nomie.“ §. 2163, i», Widersprüche mit 
der oben aufgestellten Behauptung, „daß, 
wenn Ptolemäus auch in den Rech 
nungen seines Almagest keine Anwen 
dung von der Réfraction gemacht habe, 
doch in seinen (verloren gegangenen) v p- 
tischen Schriften wohl Etwas dar 
über vorgekommen seyn möge."
	        
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