Full text: L-Z (2. Band)

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Strahlenbrechungen. 
hoch stehen, wovon jener Anschein der 
Abplattung (Ellipticität) somit eine na 
türliche Folge ist. — Dieses Umstandes 
erwähnt, wie ich in meinen Notizen finde, 
schon Diodor von Sicilien; ich 
kann aber die Stelle nicht gleich ange 
ben, und überlasse deren Aufsuchung mei 
nen gelehrteren Lesern. 
Die astronomische „Strahlenbre 
chung" veranlaßt es ferner, daß man bei 
Mond-Finsternissen (vergl. d. Art. 
S 462) zuweilen Sonne und Mond 
beide zugleich über dem Horizonte 
erblickt, da sie (ihre Mittelpuncte) sich 
doch dann vielmehr mit dem Mittelpuncte 
der Erde (bei centralen Finsternissen 
genau, bei partialen wenigstens 
nahe) in derselben Geraden befinden, 
und also eben nur eins beider Gestirne 
sichtbar seyn sollte. Wenn der Mond, 
vom Mittel Puncte der Erde gese 
hen , der Sonne genau gegenüber steht, 
so geht er, seiner Parallaxe wegen, 
etwas später auf, als jene (deren 
Parallaxe unbedeutend ist) sodann un 
tergeht: denn die „Parallaxe" ernie 
driget ihn im Vertical; der d a h e r 
rührende Unterschied zwischen der Gleich 
zeitigkeit des Sichtbarwerdens beider Ge 
stirne über dem Horizonte wird aber 
durch die „Nefraction," welche die 
Gestirne dagegen im Vertical erhöhet, 
noch mehr als aufgehoben;'—und 
es kann daher der verfinsterte Mond durch 
den Einfluß der Nefraction z. B. als 
aufgehend erblickt werden, ja cs kann 
selbst der Mittel Punct des Erd 
schattens über dem Horizonte erschei 
nen, wenn die Sonne noch nicht un 
tergegangen ist.* Plinius, wel- 
* Spreche» wir vvn einer centralen 
Finsterniß, bei deren Eintritt als», aus 
dem Mittelpnncte der Erde be 
trachtet, Sonne und Mond einander ge 
nau gegenüber stehen. Ohne Nefrac 
tion und Parallaxe würden sich beide 
Gestirne zum selbigen Augenblicke im 
scheinbaren Horizonte durchaus 
eben so einander gegenüber zeigen; die 
Nefraction macht aber, daß die vvn 
aller P a r a l la x e frei gedachte, alsdann 
z. B. u n t e r g e h e n d e Sonne noch 32' 
hoch über dem Horizonte gesehen wird, 
wogegen der dem Aufgange nahe, ver- 
chcm die Nefraction unbekannt war, be 
zeichnet dieß (H. n. II. 13. : „ Mirum 7 
quonam rations», cum Solis exortu um- 
bra illa liebetatrix sub terra esse de- 
beat, semel jam acciderit, ut in occasu 
Luna deficeret, utroque super terram 
conspicuo sidere , :c Er spricht also vom 
gleich möglichen, entgegengesetzten Falle 
ves, beim Au s g a n g e der S o n n e viel 
mehr verfinstert untergehenden, 
dabei aber zugleich noch mit ihr sichtbar 
gebliebenen Mondes, als etwas Wun 
derbares; die Beobachtung ist, wie man 
aus meinem Vortrage ersieht, in neuerer 
Zeit öfter gemacht und von der heutigen 
Astronomie, namentlich aus die in der 
Note angewendete Art, vollkommen er 
klärt worden. 
Hiermit beende ich meinen Vortrag 
über astronomische Strahlenbrechung: 
die unzähligen terrestrischen Wirkun 
gen der „Strahlenbrechung," welche man 
gewöhnlich unter dem Namen der Luft 
spiegelung zusammenbegreift, .namentlich 
die so bekannte Fata Morgana, ge- 
finsterte Mond in diesem nämlichen Au 
genblicke um die Differenz von H v- 
rizontal-Parallaxe (60') und Ho 
rizon tal-Refraetivn (32'), olfv »m 
(60 — 32' — ) 28' unter dem Ho 
rizonte steht. Der Mond darf also, um 
sich bis in den Horizont zu erheben, im 
Vertical nur noch 28'höher steigen; di« 
Sonne hat aber, um ganz unter den 
Horizont zu sinken, 32' zu machen; — 
und während deS, auf diesen Bogen- 
ttnterschied von (32 — 28 —) 4' kom 
menden Zeit unterschiedes werden dem 
nach der verfinstert aufgehendeMond 
und die n n t e r g e h e n d e S o n n e, beide 
zugleich über dem Horizonte gesehen 
werden. — Bringt man endlich die der 
Nefraction entgegenwirkende Mond pa 
rallaxe hierbei gar nicht in Rech 
nung, so entsteht in einem solchen Falle 
durch die gegenseitige „Nefraction" 
beider Gestirne zwischen ihnen eine 
Annäherung von (32' -f- 32' — ) über 
I o (Lalande „Astronomie.“ II. S. 
708) : Le soleil et la lune, lors de 
l’éclipse du 19 juillet 1750, quoique 
réellement opposés , étoient rappro 
chés d’un degré par le seul affet des 
deux réfractions ").
	        
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