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Trigonometrie.
weit vom Auge, als Endpuncte von
Radien aus diesem Auge, welches das
Centrum der Hohlkngel abgibt; und ihr
gegenseitiger Abstand ist hierbei also nicht
die w i r k l i ch e lineare, vielleicht Bil
lionen Meilen betragende Entfernung von
einander, sondern, wie gesagt, nur der,
jenen Abstand bezeichnende Bogen: das
Maß des Winkels, welchen die ge
dachten, zu den beiden Gestirnen führen
den Radien am Auge einschließen''.
Dieß macht demnach den angedeuteten
eigentlichen Sinn der sphärischen
Trigonometrie, der e b e n e n gegenüber
aus, auf dessen Bezeichnung ich mich auch
beschränke, so daß ich
(3.) und letztlich nur noch die Defini-
* Ich kann diesen, so viel ich weiß, noch
nirgend behörig charakterisirten llnterschied
zwischen sphärischer und linearer
Messung (sphärischer und ebener
Trigonometrie) gar nicht genug her-
vvrbeben. Sey Fig. 2 . der Tafel XXII
in A das Auge des Beobachters, in Dl
der Mond wirklich, gleichwie in F
ein Fixstern; so erscheint uns N da
gegen in M', im nämliche», zum Radius
A F gehörigen Bogen , als wenn AM
= AF wäre, obwohl sich beide wirk
liche, l i n e a r e Entfernungen unendlich
unterscheiden. Die Messung dieser bei
den letzteren wirklichen, linearen
Entfernungen von A (durch ebene „pa
rallaktische" Dreiecke) bleibt Aufgabe der
ebenen Trigonometrie; die Be
stimmung des bloß scheinbaren Bo
gen-Abstandes F M' , als Maß des
Winkels M'AF und eventueller Seite
eines damit zu bildenden sphärischen
Dreiecks, ist aber Sache sphärischer
Messung (sphärischer Trigonome
trie). — Nehme» wir, um dieß noch
mehr zu versinnlichen, an, Mond und
Stern ständen heut am Himmel so dicht
bei einander, daß ihre gegenseitige sphä-
rische Entfernung fast — 0 wäre, so
wird sich dieselbe in wenigen Tagen auf
90 und mehr Grad ändern, ohne daß
darum in den linearen Entfernungen
beider Gestirne vom Auge der geringste
llnterschied eingetreten wäre; die ebene
Trigonometrie würde in beiden Fällen
ganz dasselbe, die sphärische ein
ganz anderes Resultat gewähren.
tion der „s p h ä r o i d i sch e n" Trigo
nometrie zu geben habe. Unter „S h ä-
ro id" (vergl. d. A.) wird aber hier der
durch Umdrehung einer Ellipse um ihre
kleine Are entstehende Körper verstan
den, wie wir unseren Planeten Erde
(vergl. Abplattung, S. 22.) als ein
solches „Sphäroid" kennen gelernt ha
ben. Wäre die Erde eine vollkommne,
eine reine Kugel, so würden wir auch
nur rein sphärische Dreiecke, Ver
bindungen der Winkelpuncte durch B ö-
gen größter Kreise, auf ihr fin
den ; wegen der „s p h ä r o i d i s ch e n" Ge
stalt des Erdkörpcrs weichen jene Ver
bindungslinien (Dreicckseiten) aber von
der Gestalt reiner Kreisbögen etwas
ab, erhalten (vergl. Entfernung,
S. 312), in dieser veränderten Gestalt,
den Namen der „geodätischen Li
nien", und bilden also, statt sonstiger
„sphärischer", nunmehr diejenigen
„sp h a r o i d i sch e n" Dreiecke, von de
nen hier die Rede ist, und über deren
weitere Behandlung unter unserem astro
nomischen (oder vielmehr bloß geodäti
schen) Gesichtspuncte ich im besondern
Art. Sphärischer Exceß * (auch
schon auf der eben citirten Seite 312
des ersten Bandes unseres Werkes) noch
das für uns Nöthigste beibringe.
Die Geschichte der Trigonome
trie, in der demnach so engen Bezie
hung dieser Wissenschaft zur Astronomie,
anlangend, worüber ich hier ein Paar
Worte sagen muß, so scheint H ip par ch
aus Nicäa, auch Rhodius genannt, weil
er seine Beobachtungen zu Rhodus an
fing, und den wir in Vorrücken der
Nacht gleichen, als seiner Entdeckung,
näher kennen lernen werden, die frühe-
* Der Ausdruck in dieser Verbindung könnte
Leser, welche nicht nachschlagen wallen,
befremden. Man erinnere sich aber dar
an, daß die drei Winkel eines sphäri
sch e n (gleichwie eines fp h ä r o i d i sch e n)
Dreiecks zusammen immer größer als ei
nes ebenen, d. h. also größer, als 2
rechte sind. Dieser Ueberschuß heißt nun
eben der „sphärische Exceß;« und seine
Anwendung zur Berechnung von Drei
ecken, dazu die Daten auf der „sp h ä-
roi dische n« Erdoberfläche ermit
telt worden sind, wirb I. c. gezeigt.