Full text: L-Z (2. Band)

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Venus. 
Häuptlingen bestätigten, indem sie die 
Areudrehung (den Tag) der Venus — 
23h 21', also sehr nahe wie Cassini und 
ziemlich — unserem Tage ergaben. Beide 
Beobachter haben aber dabei nicht nach 
„Flecken," die sich, wie getagt, auf der 
stets durchgängig gleich glänzenden Ve 
nusscheibe ungemein schwer auffinden las 
sen, gesucht, sondern ihre Aufmerksamkeit 
vielmehr ans die veränderliche Gestalt der 
Hörnerspitzen dieses Planeten gerich 
tet, über welchen Gebrauch der Phasen, 
auf die ich hier ohncdicß nochmals zu 
rückkommen wollte, gleichwie über die 
ganze Sache, ich schon früher einmal im 
Stuttgarter Morgenblatte eine 
Erklärung mit Bezug aufMädler's 
genannte Schrift abgegeben habe, die ich 
nunmehr hier folgen lasse: 
„Da Venus nämlich die Sonne, wie 
gesagt, innerhalb der Erdbahn um 
läuft, so muß dieser Planet Phasen zei 
gen; cs leuchtet, um dabei stehen zu 
bleiben, augenblicklich ein, daß derselbe, 
kurz ehe er zwischen Sonne und Erde 
tritt (untere Conjunction), wo er uns 
also, wie der Neumond, seine ganze 
dunkle Halbkugel zuwendet, gleichwie 
bald nachher sichelförmig erscheinen 
muß. Man sicht alsdann die Hörnerspi 
ßen dieser lichten Sichel wie beim Monde; 
und da sich dabei ein elliptischer 
und ein Kreisbogen (die schief gese 
hene Erleuchtungsgränze und der Kreis- 
umfang der scheinbaren Planetcnscheibe) 
begegnen, so laufen diese Hörnerspißen 
meistens sehr zart aus. 
Ist nun aber die Oberfläche der Ve 
nus , wie man es (vergl. hinten) aller 
Analogie nach vermuthen muß, gleich de 
nen der Erde, des Mondes u. s. w., auch 
nicht unbedingt eben, sondern mit Berg 
und Thal bedeckt, so wird sich dieß durch 
Abweichungen der Lichtgränze von der 
rein elliptischen Gestalt offenbaren; diese 
Lichtgränze wird hier und da ausge 
zackt, nach Art der Mondlichtgränze er 
scheinen ; und je nachdem die Hornspißen 
nun mit einem solchen Zacken (Venus- 
riflfeit, die Identität der Flecken zu con- 
statire», genügend lind). Für Cassini 
spricht, um eS nochmals hervorzuheben, 
besonders noch, neben Schroter, am 
allerstärksten die Analogie. 
berge) oder aber mit einem Einschnitte 
(Thäte) zusammentreffen, werden sie 
entweder eine spitzere oder stumpfere, je- 
vochimmer eine absonderliche Gestalt 
zeigen. Die Rotation der Venus aber 
vorausgesetzt, so rückt, ihr zufolge, ein 
solcher Berg oder ein solches Thal aus 
der Erleuchtuugs- (Sichel-) Gränze, de 
ren Hörnerspitzen nun sogleich wieder die 
regelmäßige Gestalt annehmen, weg, dreht 
sich mit der Planetenkugel um die Achse, 
und kehrt nach einer vollen Rotation 
wieder zur Stelle der Hornspitze zurück, 
deren zuerst beobachtete absonderliche Ge 
stalt sich damit jetzt auch wieder herstellt. 
Abgesehen demnach von den indeß zu 
gleich vorgehenden Aenderungen in den 
Stellungen der Venus gegen Erde und 
Sonne, wovon der Einfluß in Rechnung 
gezogen werden kann, läßt sich aus der 
Wiederkehr einer solchen abweichenden 
Horngestatt (wofern sie nur genau genug 
zu beobachten rst) offenbar auf die No 
tationsperiode der Venus schließen; was 
wir beim Mars durch Beobachtung der 
Wiederkehr eines Flecks zur nämlichen 
Stelle auf der Planetenkugel erreichten, 
bewirken wir hier durch Beobachtung des 
Wiedereintrittes einer und derselben auf 
fallenden Horngestalt. 
Unter diesen Umständen hat nun Mäd- 
ler die Venus neuerdings äußerst sorg 
fältigen Beobachtungen unterworfen, und 
theilt uns zwei solche Beobachtungsrei 
hen mit. Bei seiner großen astronomi 
schen Gewissenhaftigkeit legt er zwar der 
daraus abgeleiteten Rotationsperiode noch 
keine vollkommene Sicherheit bei; 
allein er bemerkte doch, so weit bei so 
delikaten Beobachtungen darauf zu bauen 
ist, mehrmals nach Ablauf einer Cassini- 
schen Periode (wie erwähnt: 23 Stun 
den 21 Minuten) eine Wiederkehr der 
selben Horngcstalt; besonders aber sprach 
wenigstens die verhältnißmäßig, oft schon 
in zehn bis fünfzehn Minuten bemerkbare 
Gestaltsveränderung der Hornspitzen be 
stimmt gegen die Bianchinische Periode 
von 24 Tagen. „Die Freunde astro 
nomischer Conjecturen," setzt er aber hin 
zu, „werden zwar wohl meinen, daß man 
sich viel zu viel Mühe um diese Streit 
frage gebe und sich nach der so nahe lie 
genden Analogie von Mercur, Erde 
und Mars (die ja doch alle drei in
	        
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