Venus.
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beinahe 24 Stunden rotiren, und also
ein Zwischenglied von vierund; wan-
zig tägiger Notation geradezu auszu
schließen scheinen) viel rascher für Cassini
habe entscheiden können. Allein wer den
Entwicklungsgang unserer astronomischen
Kenntnisse mit Aufmerksamkeit verfolgt
und als Selbstbeobachter fähig ist, die
Beobachtungen Anderer zu würdigen,
wird mit bloß analogischen Schlüssen sehr
behutsam seyn. * Unwahrscheinlich
ist Bianchinis Resultat allerdings, un
möglich aber gar nicht. Die Natur liebt
es nicht, sich selber zu kopiren; sie ist
reich genug, Individuen zu erschaffen,
und weiß trotzdem Einheit in der Man
nigfaltigkeit zu bewahren." Bedenkt man
indeß dagegen, daß, wenn Bianchinis
Rotationsperiode von 24 Tagen richtig
wäre, das Venus fahr, welches bekannt
lich etwa 224 unserer Tage lang ist,
nur 9 bis 10 solcher Venustage enthal
ten , und dieser Planet, abgesehen von
andern daraus hervorgehenden Anoma
lien, schon deßwegen aus der Reihe al
ler andern Planeten heraustreten würde;
so wird man wohl weiter keinen Anstand
finden, sich für die, durch Mädlers Be
obachtungen wenigstens immer wahrschein
licher gemachte Rotationsperiode von etwa
24 Stunden zu erklären.
Bei der voranstehcnden Behauptung
über das Vorhandenseyn von Bergen
(ich habe derselben vorläufig schon vorn,
mit Verweisung wegen des Näheren hier
her, Erwähnung gethan) und Thälern
aus der Venus, woran freilich schon
aus bloßen analogischen Gründen
in Betracht der nachgewiesenen übrigen
so großen Aehnlichkeit dieses Planeten mit
unserem Planeten Erde kaum gezweifelt
werden kann, habe ich mich, was die
wirkliche Beobachtung betrifft, beson-
* Dieß soll nislii allerdings im Interesse der
Wissenschaft selbst, welche bei zu gewag
ten Hypothesen nur gefährdet werden
kann. Indeß ist die Analogie in diesem
bestimmten Falle doch außerordentlich stark;
und ich finde, daß sich auch unser Mäk
ler schon in einer nur etwas früheren
Arbeit: „Ueber die Weltstellnng der Kör
per unseres Sonnensystems« gegen die
aus Bianchini'S Angabe» fließenden Fol
gerungen erklärt.
II.
ders aufSchröters * angeführtes Werk
gestützt. Dieser Astronom nahm (Göt
tinger gelehrte Anzeig. 1790. Nr. 111)
z. B. am 28sten Decbr. 1789 mit einem
Herschel'schen Spiegel-Teleskop (s.
d. A. S. 474) bei 161maliger Vergrö
ßerung, als Venus eben in der Qua
dratur stand, einen Lichtpunct in der
dunkeln Hälfte der Venusscheibe wahr,
welchen er, nach Analogie des im Art.
Mond S. 162 über „Mondberge" Ge
lehrten , für den schon von der Sonne
beleuchteten Gipsel eines Venusb er
st e s anerkennen mußte. Die Entfernung
dieses Lichtpunctes (dieses „Berggipfels")
von der, die Venusscheibe also eben hal-
birenden Erleuchtungs- (der Licht-) Gränze
ergab sich zu 1",35, der scheinbare
Durchmesser der ganzen Scheibe aber
gleichzeitig zu 27", also der Halbmes
ser — 13,5, davon jene 1,35 demnach
'/io sind. Nun setzte S ch röte r bei sei
ner dießfallsigen ferneren Berechnung letzte
ren Halbmesser (nahe wie wir oben
1694^
—— ß — 834 Meilen, davon 7io —
AC 2 4. AD 2
33 Meilen, woraus der Abstand (DC,
zig. 2 , Taf. VI) des Berggipfels (D)
-om Mittelpuncte(O) der Venus —
J _ / y^834 2 +83 2
695556+6889 /*702445
338' und die Höhe (ED( des Berges
zber der Venusoberfläche — (DC —
EC) = 838 — 834 — 4 Meilen
kommt, ** welche Höhe somit die bekannt-
(V
r
* Mädler (1. c.) hat die Lichtgränze auf
der Venus, mit Ausnahme einiger „Ein
buchten,« nicht so bestimmt „auSgezackc«
gefunden, als ich sie oben nach Schro
ter bezeichne. Wege» der außerordent
lichen Schwierigkeit, um sie nochmals
geltend zu machen, von Detail-Beobach
tungen auf der glänzenden BenuSscheibe
scheint mir indeß, bei streitenden Resul
taten deS Augenscheins, demjenigen der-
selben der Vorzug zu gebühren, für wel-
cheS sich zugleich die Analogie erklärt.
** Im citirten ArtikelM on d, in der Note
der angeführten Seite 162, habe ich das
trigonometrische Verfahren dieser
Ermittluug gelehrt; manchen Lesern wird
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