Full text: L-Z (2. Band)

Wahre Zeit — Wahrfcheinlichkeits-Nechnurig. 671 
Wahre Zeit, s. besonders Glei 
chung d c r Z e i t, in welchem Artikel 
ich ausführlicher darthue, daß man unter 
„wahrerZeit" die durch den wahren 
Sonne n-Stand bestimmte Zeit versteht, 
wie dieselbe von den Sonnen- Uhren, 
welche diesen Stand angeben, gezeigt 
wird, wogegen sich die mittlere Zeit 
durch unsere gewöhnlichen Ta sehen- 
oder P e n d e l-Uhren unter der Voraus 
setzung ausgedrückt findet, daß dieselben 
im Augenblicke des wahren Mittages 
lim Cnlminationsmomente der wahren 
Sonne), also wenn 12 Uhr Mittags 
wahrer Zeit eintritt, auch genau um 
den Betrag eben der „Gleichung der 
Zeit" davon verschieden sind. 
Wahrscheinlichkeits-Rechnung; 
Ars conjectandi, Calculus probabilita 
tis: Calcat des probabilites. Z» der 
Astronomie, auf welche ich die Be 
trachtung hier einzuschränken habe, der 
Inbegriff der anzuwendenden Methoden, 
um aus mehrfachen, keine genaue Ue 
bereinstimmung gewährenden Beobachtun 
gen, ein, das meiste Zutrauen verdienen 
des Resultat abzuleiten. Wenn man, um 
dieß gleich durch eiu ganz gewöhnliches 
Beispiel zu verdeutlichen, zur (haarschar 
fen) Bestimmung einer (größeren) Ent 
fernung, etwann der (vergl. Gradmcs- 
sungen) Basis eines Meridiangrades, 
mehrere Messungen mit immer gleich 
g r o ß c r G c n a u i g k e i t angestellt, gleich 
wohl aber nicht ganz genau übereinstim- 
mende Maße, sondern einmal e, andere 
Male c', c", c"' u. s. w. Fuße, Zolle, 
Linien dafür gefunden hat, wie Dieß bei 
der nothwendigen Unvollkommenheit der 
Instrumente, bei den vielen ans sie ein 
wirkenden äußeren Umständen, und der 
Unzulänglichkeit der menschlichen Wahr 
nehmung ganz unvermeidlich ist; so bie 
tet sich als das „wahrscheinlich" rich 
tigste Resultat das „arithmetische 
Mittel" der verschiedenen Maße, also 
die Gleichung: 
Wahrscheinlich richtigste Ent- 
c e Z- e' -(- e '' -j- e' 11 ..., 
fern ung —— 1 ! 
(wo n die Anzahl der Messungen) dar. 
Diese Art der Bestimmung ist in der Na 
tur der Sache selbst begründet, wird schon 
vom Instinkt des gemeinen Menscheuver- 
standes („sens commun"), welcher gleich 
eine Fehler-Compcnsation ahnt, 
als die angemessenste erachtet, und führt, 
wie die Erfahrung lehrt, auch am näch 
sten zur Wahrheit, weßhalb sie denn das 
Princip der meisten Wahrscheinlich 
keit, wie dieselbe für das endliche We 
sen die Wahrheit vertritt, und somit 
der, die letztere suchenden „Wahrschein 
lichkeitsrechnung", welche uns hier be 
schäftiget, abgibt. Die Darstellung eines 
solchen „arithmetischen Mittels" auö meh 
reren Beobachtungen, hat, wofern dabei 
nur von Einer Unbekannten die Rede 
ist, wie die obige Gleichung augenschein 
lich zeigt, keinerlei Schwierigkeiten; find 
aber in dieser Art mehrere Unbekannte 
zu ermitteln, oder sollen wenigstens die 
nicht ganz genau bekannten Werthe der 
selben schärfer bestimmt, sollen z. B. die 
Elemente einer Gcstirnbahn aus wieder 
holten Beobachtungen der Himmelsorte 
dieses Gestirns zugleich corrigirt wer 
den : so wird das Verfahren der Herlei 
tung „arithmetischer Mittelwerthe" für 
jedes einzelne Element, von deren 
Gesammtheit jene Gestirn orte Func 
tionen abgeben, offenbar verwickelter. Die 
beiden dazu, namentlich von der Astro 
nomie, dann in Anwendung zu brin 
genden Verfahrungsarten habe ich in den 
besondern A.A. Methode der Bedin 
gungsgleichungen und Methode 
der kleinstenQuadrate ausführlich 
behandelt; und beider „Inbegriff", 
wie ich mich gleich Eingangs in der De 
finition ausdrücke, bildet also die aftro- 
n o m i s ch e Wahrscheinlichkeits- 
Rechnung, indem die solchergestalt ge 
fundenen Resultate, wie man leicht ein 
sieht, allerdings nicht Anspruch aus ab 
solute Zuverläßigkeit, sondern nur auf 
diejenige grvßt-mögliche Wahrscheinlichkeit 
haben, welche für den endlichen mensch 
lichen Verstand, wie gesagt, jene Stelle 
vertritt. — Auf diese Präcisirung des 
Begriffes astronomischer „Wahrschein 
lichkeits-Rechnung" muß ich mich 
hier aber auch beschränken, den Lesern 
die Vergleichung der citirten beiden spe 
ciellen Art. Bedingungsgleich un 
gen und Methode der kleinsten 
^ Q u a d r a t e, deren Entwicklungen ich 
!nicht nochmals wiederholen darf, und in 
!deren letzterem sich zugleich die histori
	        
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