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Wanken der Erdaxe.
sch en, gleichwie reichhaltige literlari-
s ch e Notizen finden , selbst anheim ge
bend, indem ich vervollständigend schließ
lich nur noch hinzufüge, daß auch der
vom verewigten Wiener Astronomen Lit-
trow für die mehrmals citirte neue Aus
gabe von Gehlcr's „Physikal. Wrtrb."
gearbeitete, erst indeß erschienene Artikel
Wahrscheinlichkeits-Rechnung,
welcher nur für unsere Zwecke zu viel
Analysis enthält, große Beachtung ver
dient.
Wanken (Schwanken) derErd-
axe, Nutation; Nutatio. Deviatio; Nu
tation, Deviation. So heißt besonders*
diejenige periodische Veränderung in
der Größe des stetigen Vorrückens
der Nachtgleichen, welche, wie schon
in diesem letzteren Artikel, gleichwie in
Gleichung der Nachtgleiche n-
vuncte, mit Verweisung wegen des
Näheren hierher, bcvorwortet worden ist,
daher rührt, daß die Bahn des Mon
des, aus der dieses Gestirn anziehend
(perturbirend) auf die den Aequator des
Erdsphäroids, angeführtermaßen, „wulft
artig" umgebende Massenanhäusung wirkt,
nicht mit der Ekliptik zusammenfällt, son
dern gegen dieselbe, und zwar mit Ver
änderung der Lage, geneigt ist, wodurch
jenes Vorrücken also Modificationen er
leidet.
Man stelle sich, um von dieser Sache
nur erst einen allgemeinen Begriff zu
erlangen, den von dem angegebenen
„Wulste" umringten E r d ä q u a t o r, fer
ner die gegen denselben um 23 ‘/2° ge
neigte Ekliptik, und endlich die, hin
wiederum die letztere unter einem Win
kel von 5'durchschneidenve Mondbahn
vor, und erinnre sich (aus Knoten,
S. 92 t) zugleich daran, daß die Puncte
dieses Durchschnittes, d. h. eben die „Kno
ten der Mondbahn", dabei eine sehr schnelle
rückläufige Bewegung längs der Ekliptik
haben, der zu Folge sie dieselbe in (vergl.
hinten) einer Zeit von etwann 18 Jah-
* Ich so fl e „besonders," indem dos „Wan
ken der Er boxe," wie man vhnedieß
leicht einsieht, nicht weniger einen Ein
fluß auf die „Schiefe der Ekliptik"
äußert, von welchem ich nuten sogar zu
erst zu spreche» gezwungen bin.
ren* völlig durchlaufen. Steht also heute
z. B. der aufsteigende Knoten der
Mondbahn im F r ühlin g s p u n c t e,
so liegt sie (ihre eine Hälfte) 5° nörd
lich er (und die andere um soviel süd
licher; — wir wollen die Betrachtung
aber auf die nördliche Halbkugel des
Erdsphäroids beschränken), als die Eklip
tik, vom Erdäquator mit seinem Wulste:
die Ekliptik findet sich dann zwischen
diesem und ihr; — gelangt aber. in Ge
mäßheit jener Bewegung, nach (' 8 /¿ —)
9 Zähren, vielmehr der niederstei
gende Knoten in den Frühlings
punct, so fällt die Mondbahn (ihre
nördliche Hälfte) nunmehr um jene 5"
südlich von der Ekliptik und ihrer
seits zwischen diese und den Aequa
tor. Der Winkel der Mondbahn mit
dem letzteren beträgt demnach in die
sem Falle nur (23'/ 2 —5 —) 18'/¿°,
in jenem aber (23'/r + 5 =) 28 72°,
d. h. der Mond entfernt sich in seiner
größten (nördlichen) Breite einmal um
(28 '/ 2 — I 8 V 2 —) 10° mehr als das
andere Mal vom Aequator (kommt
den Polen der Erde soviel näher) **,
und wirkt also dann auch um soviel g e-
rader, und daher energischer als
sonst, auf die, wie wir wissen, das „Vor
rücken der Nachtgleichen" bedingende
„äquatoriale Wulst", welche Ver
schiedenheit der Sollicitation, in dieser
Art, natürlich auch die Pole, d. h. die
Are des Erdkörpers, afficirt, und
letztere, wie man sich ausdrückt, in das
jenige, die Präcesfion modificirende
„Schwanken" oder „Wanken" versetzt (sie
hin und her zieht), davon der Vorgang
seinen Namen führt.
Vermöge dieser Verschiedenheit
des anziehenden Mondeinfluffes auf das
Erdsphäroid, über welche Verschiedenheit
ich mich, nachdem also nur erst der all
gemeinste Begriff von der Sache gegeben
* Genauer (I. c.) 18 Jahre 7'/2 Monate,
worauf eS aber hierbei nicht ankommt.
** Dieses, also von einer 18iährigen Pe
riode abhängige Höhersteigen des Mon
des darf nicht mit demjenigen verwechselt
werden, welches wir ans ganz andern
Gründen alle Winter eintreten sehen,
und worüber stch der Art. Mond, S.
150. erklärt.