684 Weltaebäude.
cher, für unsere Vorstellung allerdings
ganz unfaßbarer Abstand befinde sich z.
B. auch zwischen unserm Firsternsystcme,
welches sich über den ganzen gestirnten
Himmel verbreitet, und den übrigen, de
ren vereinigter Glanz die Erscheinung
der Milchstraße verursacht".
Hieraus macht nun Lambert" sehr
schön begreiflich, warum der Rand der
Milchstraße so deutlich abgeschnitten er
scheint. Man stelle sich ans dem Boden
eines großen Gemaches einige tausend
Reihen von Lichtern in gleichen Entfer
nungen von und hinter einander vor,
setze über diese Schicht z. B. noch hun
dert andere gleiche Schichten, und bringe
das Auge in die Mitte des Ganzen.
Schauet dieses Auge hier über oder
unter sich, so wird cs nur ( l00 /2 — )
50 Lichter in einer Reihe gewahren; je
mehr sich dasselbe gegen den Horizont
wendet, desto mehr wird die Anzahl der
Lichter zunehmen, und endlich werden sich
im Horizonte selbst Tausende solcher Lich
ter hinter einander zeigen. Aber nirgend
wird sich bei dieser Art von Anord
nung ein Absaß wie an dem scharf be
grenzten Rande der Milchstraße finden
lassen. Man mache nun eine Aenderung,
lasse zwar die nächsten Lichter um das
Auge herum stehen, nehme aber zwischen
diesen und den entfernteren einen großen
Kreis oder Ring von Lichtern hinweg,
so werden zwar jene nächsten Lichter an
Größe und Deutlichkeit gleich kenntlich
bleiben; die entfernteren aber werden sich
chlasser, undeutlicher, dichter bei einander
im Kreise darstellen; und der Absatz zwi
schen diesem Kreise und den zerstreue-
teren, näheren Lichtern wird desto stär
ker in das Auge fallen, je größer der
von Lichtern leere Raum genommen ist.
Eben so müßten sich nun die Sterne all- *
* Diese, in den „Cosmvlogischen Briefen«
angedeuteten Ideen des tiefsinnige» L a m>
bert finden sich weiter nusgeführt in
seiner „Photonietria.“ Augsburg. 1760.
8. Bei der großen Ehrfurcht, von wel
cher ich von diesem Schriftsteller durch
drungen bin , zeichne ich seinen Vortrag
zunächst ganz besonders aus, mir vorbe
haltend , auf neuere, wiewohl doch auch
immer nur noch verwandte Ideen erst
nachher zurückzukommen.
mälig und ohne Absatz gegen die Milch
straße zusammen drängen, wenn sich nickt
zwischen ihnen und der letzteren rings
um ein weiter leerer Abstand befände,
dessen Größe sonach unendlich viel bedeu
tender als der eigene Abstand der Fix
sterne unter einander selbst anzuschlagen
ist; — und nur eine solche Absonderung
kann den scharf begrenzten Rand der
Milchstraße, welche sich also als der
wichtigste Gegenstand bei den Forschun
gen über das „Welt geb ä u d e" gel
tend macht, zur Begreiflichkeit erheben.
In unserm bestimmten Firsternsy-
stemc findet Lambert ferner unsere
Sonne sammt ihrer Trabantcn-Umgebung,
namentlich dem Planeten Erde, nicbt
in der Mitte, sondern der Gegend des
Adlers näher, indem uns die Sterne
dorthin zerstreueter und in geringerer An
zahl erscheinen; die eigentliche Mitte die-
s e s Systems scheint ihm nach dem Orion
oder großen Hunde hin zu liegen.
Lambert mißt dem ganzen Systeme
eine langsame Bewegung um einen Haupt
oder Centralkörpcr (um eine „Central
sonne", unter welchem Namen ich den
Gegenstand hinten an Mädler's Hand
weiter verfolgen werde) bei, von welchem
Er unentschieden läßt, ob derselbe eine
Sonne oder ein dunkler Körper sey. Den
Sirius dafür anzunehmen, wie man
des ganz vorzüglichen Glanzes dieses Fix
sterns wegen vorgeschlagen habe, sey Er
nicht geneigt; ehr könnte dieser Rang dem
bekannten Nebelflecke am Sch werte
des Orion beigelegt werden; und die
Beobachtung müsse nun lehren, ob dieser
Fleck, der Theorie der Phasen gemäß,
periodische Lichtabwechslungen zeige, und
sich dabei als ein selbstleuchtender oder
aber nur als ein von umlaufenden Son
nen bestrahlter Körper bewähre.
Die Milchstraße in ihrer Ganz
heit läßt Lambert hinwiederum aus
lauter ähnlichen, durch eben solche Ab
stände getrennten Systemen bestehen, wel
che Er bisweilen selbst „Milchstraßen"
(in 8pecie) nennt. Jedes einzelne Sy
stem für sich würde wie ein bloßes Wölk
chen oder ein Nebelfleck erscheinen; alle
zusammen genommen schieben sich aber
in einander, und bilden solchergestalt die
lichte Zone, welche gleichwohl an man
chen Orten unterbrochen, gespalten oder