Full text: L-Z (2. Band)

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Weltgebäude. 
in kleine Wolken zertheilt scheint. Jedem 
dieser unzählbaren Systeme darf sein ei 
gener Hauptkörper von einer, dem unge 
heuren Gebiete angemeßnen Größe bei 
gelegt werden; und vielleicht machen sie 
alle zusammen doch nur wieder ein Sy 
stem noch höherer Ordnung aus, welches 
abermals durch einen Centralkörper von 
angemeßnen Dimensionen regiert wird; 
ja vielleicht muß man noch durch unzähl 
bare solche Ordnungen oder Stufen auf 
steigen , ehe man diejenige Grenze dieser 
Reiche erreicht, welche dem Throne der 
Allmacht als die nähere bezeichnet wer 
den darf*. 
Das Werk des verewigten Lambert 
( Lambert starb als Oberbaurath und Aka 
demiker 1777 zu Berlin), welches diese 
Aussichten in die Unendlichkeit des „Welt 
gebäudes" eröffnet, wird sowohl durch 
den großen Gegenstand, den es behan 
delt, als durch den eigenen philosophischen 
Gang in Zergliederung der Muthmaßun 
gen äußerst lesenswerth. Bei so außer 
ordentlichen Vorzügen könnte man zwar 
das Rauhe des Vortrags und der Sprache 
leicht übersehen; indeß bemerke ich für 
Leser, welche sich gleichwohl daran sto 
ßen sollten, daß man eine sprachlich ge 
feiltere Bearbeitung des Lambert'schen 
Buches j. Système du monde par Lam 
bert. Publié par Ménan- 1 . Berlin. 1784. 
8. und außerdem eine zweite Französische 
Uebersetzung durch den Baron von U t e n- 
hovcn: Amsterdam. 1801. 8. mit vie 
len erläuternden Anmerkungen besitzt. 
Eine den neuesten Entdeckungen, auf 
welche ich hinten komme, angemessne deut 
sche Bearbeitung scheint aber deßhalb gar 
nicht überflüßig; und ich erfülle nur eine 
Schuldigkeit, indem ich die Gelegenheit 
benütze, darauf aufmerksam zu machen. 
Nächst Lambert ist diese sublime Ma 
terie mit der meisten Ausführlichkeit und * 
* Kant, I. c. „Man nähert sich der gött 
lichen Allmacht bei Betrachtung der Un 
endlichkeit Ihres SchvpfungSwerkeS nicht 
mehr, ob man den Umfang desselben in 
eine Sphäre vom Halbmesser der Milch 
straße oder eines Zolles einschließt: Al 
les, was endlich ist, Grenzen hat, oder 
sich in einem angebbaren Verhältnisse zur 
Einheit findet, ist gleich weit vom Un 
endlichen entfernt. 
Gründlichkeit behandelt worden von dem 
(uns nicht weniger bekannten) Berliner 
Hof-Astronomen B ode (gest. 1826.) in 
seiner „Anleitung zur Kenntniß des ge 
stirnten Himmels" (vor mir liegt eine 
n eun te Auflage. Berlin. 1823. gr. 8.). 
Ohne sich ganz an seines tiefsinnigen 
Vorgängers Vorstellungen zu binden, 
scheint Bode vielmehr der Zusammen- 
ziehung aller Fixsterne der Milchstraße in 
ein einziges System den Vorzug zu schen 
ken , fügt aber den erhabenen Gedanken 
hinzu, daß die Nebelflecke oder Ne 
belsterne (vergl. d. eigenen A. , wo 
besonders auch noch die Nothwendigkeit 
hervorgehoben wird, einen Charakterun 
terschied zwischen den verschiedenen, un 
ter diesem Namen zusammenbegriffnen 
Wcltkörpcr festzustellen), welche gemeinig 
lich in einer länglichen oder elliptischen 
Gestalt erscheinen, wahrscheinlich nichts 
anderes als aus unermeßlichen Entfer 
nungen gesehene, andere ganze Milchstra 
ßen oder Systeme von Milliarden telesko- 
pischer Sonnen seyn mögen, deren Licht 
schimmer nur in seiner Vereinigung zu 
unserer Wahrnehmung gelangt. Und 
gleichwohl muß angenommen werden, 
daß dieß Alles kaum als Theil desjenigen 
Ganzen anzusehen ist, welches die All 
macht werden hieß, da, vergl. die voran 
gehende Anmerkung, nichts Endliches die 
Unendlichkeit mißt, und unsere Vorstel 
lung, welche Flügel wir ihr auch verlei 
hen , sich immer gleich weit vom Uner 
reichbaren entfernt findet. 
Die Anzahl dieser „Nebelflecke", als 
des demnach für uns äußersten Wahr 
nehmbaren und Höchsten der Schöpfung, 
ist besonders durch H rrschel's (des Va 
ters) Beobachtungen des Sternenhimmels 
ungemein vermehrt worden; und ich ver 
weise Leser, die sich mit dem ganzen, 
für meinen Plan zu ausführlichen De 
tail dieser Beobachtungen (über welche 
auch ich mich jedoch hinten, mit Benü 
tzung abermals neuerer Arbeiten der P e- 
tersburger Astronomen nochmals 
verbreite) vertrauet machen wollen, auf 
Psasfs (des Erlanger Professors) Zu 
sammenstellung : „Ueber den Bau des Him 
mels. Von W. Herschel". Dresden. 
1826. gr. 8. Stellt man sich indeß, um 
wenigstens eine allgemeine Idee von Her- 
jchel's Auffassung zu erlangen, mit Ihm
	        
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