Full text: L-Z (2. Band)

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Weltgcbäude. 
vor, daß alle Sterne ursprünglich ihren 
angewiesenen Platz im Wcltenraume be 
kamen und gegen einander gravitirtcn, 
so mußten die größeren benachbarte klei 
nere an sich ziehen, und die vereinte 
Kraft aller mußte die sich bildenden Sy 
steme immer mehr vergrößern. Die spe 
cielle Gestalt dieser Systeme mußte da 
bei aber nach der Größe des Hauptkör- 
pcrs und nach den Beziehungslagen der 
Nachbarftcrne sehr verschieden ausfallen; 
und je reicher jedes von ihnen selbst an 
vereinten Sternen wurde, um desto an 
sehnlichere leere Räume mußten zwischen 
ihnen entstehen. Herschel legt überdieß 
den verschiedenen Sternen sogleich die, 
durch nachherige Beobachtungen (vergl. 
Fixsterne, S. 560 flgd.) so schön be 
stätigte und so weit ausgedehnte eigene 
Bewegung bei, indem nur vermittelst der 
solchergestalt entstehenden Schwungkraft 
(Bewegung in Bahnen vergl. d. A.) 
derjenige Beharrungszustand des einzel 
nen Gestirns erhalten werden konnte, wo 
durch der Zusammensturz in eine einzige 
Masse zu verhindern stand. Also entste 
hen denn mehrere Ordnungen dieser Sy 
steme, und ihre Theorie wird der vor 
angetragenen Lambert'schen ganz ähnlich: 
das Auge eines Beobachters, welcher 
noch weit vom Mittelpunkte eines 
Systems absteht, kann die Grenzen des 
selben nicht erreichen; noch entferntere 
andere Systeme werden ihm nur in hei 
tern Nächten als bloße Wölkchen, und 
mehrere nach einer Fläche ausgebreitete 
Systeme, welche zusammen wieder ein 
System höherer Ordnung bilden, als ein 
lichter, die Sphäre umringender Gürtel 
(als eine „Milchstraße") erscheinen. Her- 
sch el versinnlichet diese Theorie in Zeich 
nungen zu einem eigenen Werke: >.On 
t he construrtion of the Hea'vens“. 
London. 1785. 4. bei welchen der Ab 
stand des Sirius nach einer, als bekannt 
vorausgesetzter Einheit zu Grunde gelegt 
ist. Aber in 1000-, ja 10000 fachen 
solchen Siriusweiten schweben andere, 
dem Siriussysteme an Größe und Ster 
nen zahl nicht nachstehende Systeme; ihre 
zahllosen Sonnen, umgeben von noch 
zahlloseren Planeten, bieten überall Raum 
zur Bewohnung dar; und wo in diesen 
unermeßlichen Gefilden ein solcher schick 
licher Raum zur Bewohnung vorhanden 
ist, da wallen auch Wesen auf demselben 
und fühlen sich glücklich. 
Nur mit Mühe enthalte ich mich, alle 
die Empfindungen auszudrücken, zu wel 
chen die Betrachtung dieses großen und 
herrlichen „Wcl tgebä ude s" so ganz 
unwiderstehlich dahin reißt. Es sind Em 
pfindungen der Bewunderung und An 
betung des Unendlichen, gegen dessen un 
begrenzte Macht und Herrlichkeit alles, 
was wir sonst Erhabenes denken mögen, 
in ein unbedeutendes Nichts verschwindet. 
Welch ein Gott ist der Herr, der Ur 
heber und Beherrscher dieser 
Welten, der wohlwollende Vater aller 
Wesen ohne Zabl, die von Anbeginn der 
Schöpfung an Leben und Glückseligkeit 
in seinen Wohuplätzen genossen haben: 
, . . ,,tlie glorious Architect 
In this His universal Temple, hung 
With Lustres, witli innnmerable Lights, 
That shed Religion on the Soul ; at oncc 
The Temple and the Preacher! 0 how loud 
It ealls Devotion ! 
Devotion, Dangther of Astronomy! 
An undevont Astronomer is mad.“ 
Young's Complaints , Night 9, 
v. 764 flgd. 
. . . ,,O du prciswnrdiger Architekt, 
Der Du im Tempel Deiner Herrlichkeit 
Zahllose Fackeln angesteckt! — 
Mach, Seele, Dich zur Anbetung bereit! — 
Wer ahnt den Priester wohl, wer kann den 
Tempel sehen, 
Ohn' andachtsvoll zum Herrn der Wel 
ten aufznflehn! — 
Der Sternenhimmel hat die Religion 
geboren, 
Und nur am Wahnwitz ist sein Flammen 
wort verloren!" — 
N. 
Dci der religiösen Wendung die 
ser ihrer Betrachtung hat sich die neueste 
Astronomie indeß nicht beruhiget, sondern 
sie hat Anstrengungen gemacht, auf dem 
Wege der Wissenschaft noch tiefer in 
das Geheimniß der oben nur allgemeiner 
charakterisirten „Milchstraße", als der so 
bezeichneten wichtigsten Partie des „W e l t- 
gebäudes" einzudringen, versuchend, 
der Unendlichkeit von Gestirnen einen 
Centralkörper anzuweisen, ein Ver 
such, auf welchen ich hier, vor der schlicß- 
lichen Beibringung der Arbeiten der Pe 
tersburger Astronomen über den Bandes 
Sternenhimmels, besonders zurückkommen 
wollte. Einen solchen Versuch dieser Art 
von Bestimmung haben wir aber unserm
	        
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