Full text: L-Z (2. Band)

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Weltkugel - 
noch historisch bemerken will, die Ver 
muthung gehegt, als ändere sich die Rich 
tung der „Weltgegenden" für einen be 
stimmten Ort, d. h. als verrücke sich die 
Durchschnittslinie des Aequators mit dem 
Horizonte, davon, wie wir oben gesehen 
haben, die Lage des Ost- und Westpunc 
tes abhängt, und wobei also auch die, 
90° abstehende Mittagslinie alterirt wer 
den würde: Cassini (der Aeltere) z. 
B. fand die Richtung derjenigen von ihm 
untersuchten älteren Mittagslinie, 
von welcher ich in diesem Vortrage S. 
134 spreche, unrichtig; und Aehnliches 
wird von mehreren Astronomen jener Zeit 
berichtet. Allein spätere und präcisere 
Beobachtungen haben gelehrt, daß dieß 
an der Ungenauigkeit der älteren Con- 
structionen von Mittagslinien gelegen hat, 
und daß die Lage der Weltgegcnden also 
in der That unveränderlich und jener 
Zweifel ungegründet ist, daher ich nicht 
weiter daraus eingehe, und den Artikel 
hiermit beschließe. 
Weltkugel, s. Himmelskugel 
und Sphäre. 
Weltorduung, s. Weltsystem. 
Weltpole, Pole des Himmels, Pole 
des Aequators oder der täglichen Umdre 
hung, Rotationspole; Poli mundi, Poli 
coelestes, Poli aeqiiatoris s. rotatio- 
nis ; Poles de la sphère, Poles de ro 
tation ou du mouvement diurne. Die 
jenigen beiden Puncte der Himmelskugcl, 
welche bei der eingebildeten täglichen Um 
drehung des Himmels unbewegt zu blei 
ben scheinend: die Endpuncte der Welt 
are. Sie corrcspondiren mit den Pol en 
(vergl. d. Arider Erde, d. h. sie liegen 
am Himmel gegen das Zenith eines 
jeden Ortes eben so, wie die Pole auf 
* „Scheinen?" Bezieht man nämlich'die 
Rotarían vielmehr auf die sich wirklich 
drehende Erdkugel, so drehet sich die 
in derselben fest enthaltene Axe mit ih 
ren Polen, und also die, nur die Ver 
längerung abgebende W e l t a x e mit den 
We ltpvlen doch gewiß mit; die Pole 
behaupten dabei nur den Ort; ste 
sind, wie ich so oft bcvorwvrtet habe, 
bloß in relativer (nicht aber in a b- 
so l u t e r) Ruhe. 
- Wcltpole. 
der Erdflache gegen den Ort selbst. 
Zugleich find sie die Pole des Aequators 
und aller mit demselben parallelen Tag 
kreise. 
Da sich beide Pole dem Durchmesser 
nach entgegenstehen, so fällt jedem Orte 
der Erde nicht mehr als einer derselben 
über den Horizont (nur vom A e q u a- 
tor selbst — also in der „Sphaera 
recta“; vergl. Sphäre, S. 462 — 
könnte, im strengsten Sinne, die Lage 
beider Pole über, oder vielmehr im 
Horizonte behauptet werden). Der in 
unsern Ländern sichtbare „Weltpol" heißt 
derNordpol, auch der mitternächt 
liche, oder von dem ihm nahen Stern- 
bilde des Bären (c^xxoç) > der ark 
tisch e Pol (Polus septemtrionalis, 
borealis, arcticus ; Pole septemtrionul 
boréal)-, der entgegengesetzte der Süd 
pol, der mittägliche, antarktische 
Pol (Polus meridionalis, australi», 
antarctieus; Pole meridional, austral). 
Die Römer übersetzen das Griechische 
noXog durch Vertex (Cicero de nat, 
Deor. II. 41.), daher Birgit (Geòr 
gie. II. 242.) : 
„Hic vertex nobis semper sublimi», 
at illuni 
Sub pedibus Styx atra videt, manes- 
que profondi“ 
sagt. Oft setzen die Dichter, wie z. B. 
Lucan (Pbarsal. I. 175.) , für den 
Nordpol auch „Axis“ („inocciduus“). 
Die Stelle des Nordpols am 
Himmel ohngefähr zu finden, dient der 
Polarstern. Kennt man diesen letzte 
ren nämlich nach der im betreffenden Ar 
tikel dazu ertheilten Anleitung, so hat 
man die jetzige* Stelle des „Nord- 
Weltpols" etwann zwei Grad von dem 
selben in. derjenigen geraden Linie, wel 
che von ihm nach dem dritten Sterne (k) 
im Schwänze des großen Bären führt. 
Um diese Stelle genauer zu haben, müßte 
man die Mittagslinie und Polhöhe des 
* »Jetzige;" weil (vgl. hinten) ber Welt- 
pol nämlich, nuS den im Art. Vorrü 
cke» derNachtglcichen nachgewiese 
nen Gründen, nicht fest am Himmel 
ist, sondern sich langsam um den Pol 
der Ekliptik drehet.
	        
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