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Weltsystem.
in neueren Zeiten nicht so sehr überra
schen darf.
Jene, solchergestalt alle Bewegung der
Erde läugnenden Griechischen Astronomen
und Philosophen ordneten nun um die
in der Mitte ruhend angenommene Erde
die sieben Bahnen des Mondes, des
Mercur, der Venus, der Sonne, des
Mars, Jupiter und Saturn, und um
gaben dieß Alles mit der schon oben er
wähnten „achten Sphäre der Fixsterne".
Den Mercur und die Venus ließen zwar,
in Gemäßheit der oben angeführten Egyp-
tischen Ansicht, Einige um die Sonne,
und nur erst mit dieser um die Erde
gehen; Andere aber führten sie in Krei
sen um leere Mittelpuncte, welchen
Puncten sie zugleich mit der Sonne ihre
Bewegung um die Erve beilegten, und
wodurch sie auch eine Erklärung der Er
scheinungen (ein „Weltsystem") erlangten.
Dabei blieb es streitig, ob diese beiden
Planeten außerhalb oder innerhalb der
Sonnenbahn um die Erde gehen. Zu
Plato's Zeiten nahmen die Meisten
das Letztere an; und hauptsächlich in die
ser Gestalt, aber erweitert nach eigenen
Ansichten, wird nun dieß alte Grie
chische Weltsystem von dem großen
Astronomen Ptolemäus*, nach wel-
* PtolemciuS (Claudius), über welchen,
gleichwie über fei» vbe» genanntes Werk,
ich hierher verwiesen habe, einer der be
deutendsten (wo nicht der bedeutendste)
Astronomen deS Alterthums, war gebo
re» um 70 nach Christus zu P e l u si u m
in Egypten, weßhalb Er auch zuweilen
„Pelusiensis“ genannt wird, lebte und
wirkte aber zu A lexa » d r i a, unter der
Negierung deS Hadrian und Marcus An-
toninuS, und starb um 147 n. Christus
(wenigstens stud die letzten von ihm be
kannt gewordenen Beobachtungen aus die
sem Jahre). Sein großes, das ganze
System damaliger astronomischer Ansicht
und Kenntniß in derjenigen Ausdehnung,
welche Er selbst dafür erdacht hatte, um
fassende Werk, das einzige in dieser Art,
welches ans jenen Zeiten auf uns ge
kommen ist, und auf welches ich daher
auch jetzt gleich übergehe, hat in der
früheren handschriftliche» , auf Antrieb
Kaiser Friedrich II. um 1230 veranstal
teten lateinischen llebersetznng de»
chcm es den Namen des »Ptolemäi«
scheu" führt, unter dem es auch an der
Spitze der gegenwärtigen Abtheilung un
seres Artikels über Weltsysteme aufge
führt ist, und in demjenigen großen Werke
vorgetragen, dessen wir mit seinem Titel
„Almagest" (s. gleich unten) so oft
Erwähnung gethan haben.
Dieser Astronom, dem wir uns also,
unserm Entwicklungspläne gemäß, bei
seinen Forschungen nach einem die Er
scheinungen erklärenden „Weltsysteme"
selbst erst wieder nur zur Seite stellen,
unternimmt im genannten Werke, Buch
Namen „Nagna Oonstmctio den ur
sprünglichen, demselben vom Verfasser selbst
beigelegten griechischen Titel nebst
etymologischen Notizen aber habe ich vorn
S. 257 angeführt. Dieses ausführliche
Werk ist in 13 Bücher getheilt und wurde
damals so hoch gehalten, baß schon der
um 800 zu Bagdad regierende Calif Al
mamon, ein der Wissenschaft huldigen
der Fürst, die llebersetznng in das Ara
bische befahl, in welcher eS die bekannte
Benennung des „Almagest" erhalten
hat, davon die Gründe ebenfalls I. c.
angeführt sind (in welchem Bezüge ich
jedoch bemerke, daß Lalande ,. Astro
nomie,“ §. 366. eine andere Etymolo
gie geltend macht); gedruckt ist dasselbe
nachher sehr oft so worden: DaS erste
mal zu Venedig: „Almagestum
Claudii Ptolemäi Pelusiensis Alexan-
drini, Astronomorum Principis, opus
ingens ac nobile, omnes Coeloruin
motus conti»ens. Felicibus astris
eat in lucem , ductu Petri Lichten
stein, Coloniensis Germani.“ 1515.
Fol. ; die neueste Ausgabe ist durch
den französischen Gelehrten Halma: Pa
ris, 1813-15. 2 B. 4. besorgt; eine
deutsche Bearbeitung hat man vom
verewigten Berliner Hofastrvnomen B o d e :
„PtvlemänS Beobachtung und Beschrei
bung der Gestirne." Berlin. 1795. 8. —
Von den, in diesem Werke vorgetragenen
„Weltsysteme" gebe ich nun oben einen
AuSzng, wogegen ich der mannigfachen
übrigen Verdienste deS P t o l e ni a n s hier
keine weitere Erwähnung thue, sondern
dieserwege» auf die schon eitirte „Astro
nomie“ von Lalande (2te Auflage),
§. 364 flgd. verweise.