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Wurm'sche Reihe.
nothwendigerweise Rücksicht genommen!
werden muß, und welche man in alíenj
Lehrbüchern der Mechanik mehr oder^
weniger ausführlich vorgetragen findet.
Wurm'sche Reihe; einen lateini
schen und französischen Ausdruck werden
fich die Leser leicht selbst bilden. Die
nach dem nun verewigten Professor W u r m
zu Stuttgart mit diesem Namen belegte
Progression der mittleren Planeten-Ent-
fcrnungen von der Sonne. Schon Kep
ler bemerkte, als er die verschiedenen
Abstände der zu seiner Zeit bekannten
sechs Planeten* näher untersuchte, daß
sie sämmtlich der Reihe nach sehr nahe
durch die Zahlen 4, 7, 10, 16, 52, 95
dargestellt werden könnten, welche Zahlen
ein bestimmtes und leicht erkennbares Ge
setz befolgen, indem man 7 = 4 3,
10 = 4 + 2mal 3, 16 = 4 + 4mal
3, 52 = 4 -f 16mal 3, 95 = (nahe)
4 + 32mal 3 hat; wo nur zwischen den
beiden Planeten, deren Entfernungen durch
16 und 52 ausgedrückt worden, nämlich
zwischen Mars und Jupiter, jenes Gesetz
unterbrochen wird, und daS Glied 4 +
Smcii 3 = 28 fehlt. Diese schöne
Entdeckung nahm nach Kepler zuerst
rer uns aus dem Art. Kometen, I. B.
S. 923 und vielen andern Stellen die
ses Werkes bekannte Lambert, dann
aber vorzüglich der Berliner Hofastronom
Bode wieder auf, welcher oftmals die
Bemerkung aussprach, daß derRaum
zwischen den Planeten Mars
und Jupiter auffallend groß,
und daher wahrscheinlich ein
wegen seiner Kleinheit noch nicht
aufgefundener Planet daselbst
vorhanden sey."*
Als nun vollends im Jahr 1781 der
berühmte H e r s ch e l den U r a n n s (vgl.
d. Art.) entdeckte, und dessen mittlere
Entfernung von der Sonne — 196 —
4 + 64mal 3, also gleichfalls dem obi
gen Abstands-Gesetze gemäß, gefunden
wurde, steigerte sich die Hoffnung und
* Nämlich Merkur, Venus, Erde, Mars,
Jupiter und Saturn.
** Ueber eine ganz gleichlautende Vermu-
tlning des Königsberger Weltmeisen vgl.
die Anmerk, zum Art. Ceres, S. 165
des ersten Bandes.
«das Bemühen der Astronomen, auch die
einzige Lücke in jenem Gesetze durch wirk
liche Entdeckung des vermutheten
Planeten auszufüllen. Da man densel
ben nur von geringer Größe vorausse
tzen mußte, so war eine genaue Untersu
chung und wiederholte Beobachtung der
kleinern Sterne nothwendig, welche Ar
beit mehrere Astronomen auch sofort un
ternahmen, und am Isten Januar 1801,
also in der ersten Nacht des jetzi-
genJahrhunderts, entdecktePiazzi
die Ceres, sodann am 28. März 1802
Olbers die Pallas, am 1. Septem
ber 1804 H a r d i n g die Juno und
am 29. März 1807 abermals OlberS
die Vesta (vergl. die Einzel-Artikel
und Planetoiden), welche Gestirne
sämmtlich den vorausgesetzten Ort bei
läufig einnahmen, und man dergestalt
statt Eines Planeten jetzt deren vier
gesunden hatte. *
Schon nach der Entdeckung der Pallas
war Olbers durch den Umstand, daß die
Bahn dieses Planetoiden und die Ceres-
Bahn, da die halben großen Aren der
selben nahe gleich sind, wie zwei Reifen
in einander stecken, auf eine sehr sinn
reiche Hypothese geführt worden. Er
meinte nämlich, da zwischen Mars und
Jupiter nach Keplers Vermuthung ein
größerer Planet die Sonne in der mitt
leren Entfernung = 28 umkreiste, und
wir jetzt nur noch sehr kleine Planetcheu
daselbst wahrnähmen, so wäre cs wahr
scheinlich, daß die Letztern Bruchstücke je
nes Erster» seyen, der durch den Stoß
eines äußern Körpers oder durch andere
Naturkräfte in mehrere Theile zersprengt
worden. Man würde demnach außer der
Ceres und Pallas wohl noch mehrere pla
netarische Trümmer auffinden, welche bei
ihren Umläufen immer nahe durch den
niedersteigenden Knoten der Pallasbahn
auf der Bahn der Ceres gehen, und also
in der Nähe dieses Knotens aufgesucht
werden müßten. Diese Olbcrs' sche
Hypothese, welche L a g r a n g e in der
* Eine detaillirte Erzählung dieser Entde
ckung findet man in der vortrefflichen
»Geschichte der Astronomie vom Anfange
de» 19. Jahrhunderts bis zu Ende deS
Jahres 1842 von G. A. Jahn." Leip
zig, 1844, 2 Bde. gr. 8.