Full text: L-Z (2. Band)

761) Zerlegung der Kräfte und Bewegungen. 
sammen dieselbe Bewegung als die er 
stere hervorbringende, Kräfte annehmen, 
oder jene eine Kraft in mehrere 
Kräfte zerlegen, und dieser in der 
gesammten Mechanik, wie auch in der 
Astronomie so ungemein wichtige und 
fruchtbare Begriff wird mit dem Namen 
Zerlegung der Kräfte bezeichnet. 
Um den Gegenstand durch ein Beispiel 
zu erläutern, denken wir uns einen Kör 
per (einen körperlichen Punct, vergl. die 
vorherg. Anmerk.), welcher, von einer 
Kraft bewegt, während jeder Secunde 
zehn Fuß in geradliniger Richtung mit 
gleichförmiger Geschwindigkeit durchläuft, 
so daß die ihn bewegende Kraft also durch 
die Zahl 10 ausgedrückt werden kann-'. 
Wirken nun statt dieser einen Kraft 
10, zwei resp. durch die Zahlen 4 und 
6, oder drei durch 2, 3 und 5 ausge 
drückte (auf dieselbe Kraft e i n h e i t als 
jene erstere bezogene) Kräfte auf unsern 
Körper nach derselben Richtung, so 
bleibt die Bewegung unverändert, und 
man sagt, daß die Kraft 10 im ersten 
Falle in die beiden Kräfte 4 und 6, und 
im zweiten in die drei Kräfte 2, 3 und 
5 „zerlegt" worden sey. Man kann 
aber auch jener Kraft 10, ohne die Be 
wegung des Körpers zu ändern, eine nach 
derselben Richtung wirkende Kraft 12, 
und eine nach gerade en t g e g e n ge se tz- 
ter Richtung hin wirkende, durch — 2 
ausgedrückte, substituiren, oder erstere in 
die beiden Kräfte + 12 und — 2 „zer 
legen." Faßt man nun das Gesagte zu 
sammen, so ergibt sich folgender Lehrsatz: 
„Eine jede Kraft a läßt sich in beliebig 
„viele nach derselben oder nach gerade 
„entgegengesetzter Richtung mit a wir 
kende, und auf dieselbe Krafteinheit be- 
„zogene Kräfte m, n, p, q ... zerlegen 
„wenn nur die algebraische Summe die- 
„ser letztern oder m -j- n p -f- q . . . 
„= a ist, wo die, dieselbe Richtung mit * ** 
* Indem tiion »cimlich diejenige Kraft, wel 
che denselben Körper unter übrigens 
gleichen Umständen binnen I Secunde 
einen Fuß durchlaufen macht, zur 
Kraft -Einheit annimmt. 
** D. h., um es »vchmals zu wiederholen, 
man kann, ohne die Bewegung des Kör 
pers z» andern, für die Kraft a die 
Kräfte u>, n, p, q . . . substituiren. 
„a befolgenden Kräfte das ff- und die 
„in entgegengesetzter Richtung wirkenden 
„das — Zeichen erhalten." 
Bis jetzt haben wir nur solche Kräfte 
betrachtet, welche entweder dieselbe oder 
doch eine gerade entgegengesetzte Richtung 
als die zu zerlegende Kraft hatten, oder 
deren Richtungen mit der Richtung der 
letztern einen Winkel = 0 oder — 180° 
bildeten. Allein das Problem der „Zer> 
legung der Kräfte" ist ein weit allge 
meineres, und beruht auf folgendem 
Satze: 
Wenn an dem körperlichen 
Punct M (Fig. 2 der Tafel XXVII.) 
eine Kraft R wirkt, die ihrer 
Größe unto Richtung nach durch 
die Linie MC = R vorgestellt 
wird, so kann man, ohne in der 
Wirkung dieser Kraft etwas zu 
ändern, statt ihrer zwei andere 
Kräfte substituiren, welche au 
demselben Punct M wirken, der 
R i ch t u n g n a ch d u r ch die z w e i 
Seiten M T und MV d e s um MC 
alsDiagonalebeschriebenen P a- 
rallelogramms dargestellt wer 
den, und deren Größen sich zur 
Größe der Kraft R, wie jene Li- 
nien zu MO verhalten. Da nun 
der Winkel V M T dieses Parallelogramms 
willkührlich gewählt werden kann, so läßt 
sich das Parallelogramm selbst, welches 
man auch „Parallelogramm der Kräfte" 
nennt, auf unendlich verschiedene Arien 
zeichnen, mithin auch jede Kraft auf un 
endlich viele Arten in zwei andere zerle 
gen. Nimmt man jenen Winkel 0 oder 
180°, so kommt man auf den bereits er 
örterten speciellen Fall. 
Jener allgemeine Satz ist eine bloße 
Umkehrung des Satzes der „Zusammen 
setzung der Kräfte," vermöge dessen zwei 
an dem Punct M wirkende, und der Größe 
und Richtung nach durch die Linien M T, 
M V dargestellte Kräfte in eine einzige 
zusammengesetzt (durch selbe ersetzt) 
werden können, welche letztere Kraft durch 
die Diagonale M C des Parallelogramms 
MVllO ausgedrückt wird. Newton 
hat diesen Satz als ein Axiom oder 
als ein Princip der Mechanik aufgestellt'-'; 
* Da die Newto n'sche Behandlung dieses 
Gegenstandes viel einfacher, deutlicher und
	        
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