Full text: Chemische Kosmographie

wissen Betrag überschreitet. Anfserdem wird die Aus 
scheidung der Kristalle hervorgerufen, wenn eine kleine 
Menge derselben, ein Kristallkeim, der Lösung ein 
verleibt wird. Indessen kann die Geschwindig 
keit, mit der sich die Umwandlung vollzieht, eine 
sehr geringe sein, und sie ist es meist. Dies spielt 
aber keine Rolle in der Natur, wo die zur Ausbildung 
der beständigsten Zustände nötige Zeit vorhanden ist. 
Fragt man sich, warum bei der Darstellung von 
Fällungen im Laboratorium die unbeständige amorphe 
Form einer Substanz erhalten wird, statt der bestän 
digen kristallinischen, so lautet die Antwort, dafs dies 
Verhalten darin begründet ist, dafs sich der Verlauf 
chemischer Reaktionen stufenförmig vollzieht, derart, 
dafs, wenn man von einem veränderlichen Zustand 
ausgeht, nicht sofort der beständigste, sondern der 
nächstliegende erreicht wird (Ostwald). 
Dies wollen wir uns nun durch ein Beispiel ver 
deutlichen. Es diene uns hierzu der Schwefel. Rhom 
bischer Schwefel schmilzt bei 114°. Anderseits ver 
wandelt sich rhombischer Schwefel bei 95,6° in mono 
symmetrischen. Dieser schmilzt bei 120°. Bei diesen 
Schmelz- und Umwandlungstemperaturen ist der Dampf 
druck der koexistierenden Phasen identisch. Darunter 
und darüber hat die unbeständige Phase den höheren 
Dampfdruck sowie die höhere Löslichkeit, so dafs die 
Linien, welche die Dampfdrücke als Funktionen der 
Temperaturen darstellen, so zueinander liegen müssen,
	        
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