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sein und dort Gelegenheit gefunden haben, neue Ver
bindungen untereinander einzugehen.«
Die, wie mir scheint, allgemein gehegte Ansicht
von dem stetigen Schwund und Ersatz der lebendigen
Substanz wird sich wohl im natürlichen Anschlufs an
die Erfahrungen der fabrikatorischen Tätigkeit der
Organismen gebildet haben, und vielleicht zeigt sich
einmal, dafs wirklich beides ursächlich zusammenhängt.
Was die Vorstellung eines in beständiger Zer
setzung und Wiederbildung befindlichen Stoffes an
betrifft, so macht diese dem Chemiker keine Schwierig
keit. So schwankt beispielsweise bei der Schwefel
säuredarstellung der Stickstoff zwischen einer höheren
und niederen Oxydationsstufe hin und her, und
die genauere Erforschung des Verlaufes chemischer
Umsetzungen lehrt uns täglich neue Zwischenverbin
dungen kennen, die in oscillierender Bildung und Zer
setzung begriffen sind, während ein stetiger ein
sinnig er Energiestrom sich durch dieselben ergiefst.
Nun aber kommen der lebendigen Substanz eine
Reihe von Eigenschaften zu, eben die vitalen, und
ich werfe die Frage auf, ob wir uns ein chemi
sches Gebilde vorstellen können, welches
solche Eigenschaften äufsert?
Zunächst müssen wir dazu die vitalen Grund
eigenschaften kurz bezeichnen. — Als erste nenne
ich die Gewöhnung und Vererbung, deren psychisches
Korrelat das Gedächtnis ist. Diese allgemeine Eigen