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Die zweite und fundamentalste vitale Eigenschaft
ist nun aber wohl das Streben der lebendigen Sub
stanz, sich zu erhalten, anders ausgedrückt, ihr Streben
nach einem Maximum von Erhaltungsfähigkeit. Aus
diesem Vermögen folgt die organische Anpassung und
die organische Entwicklung und Vervollkommnung.
Als psychisches Korrelat dieser Kraft, die man ganz
wohl die Lebenskraft nennen könnte, stellt sich der
lustsuchende Wille dar.
Die Aufserungen des vitalen Strebens nach der
Selbsterhaltung nennt man die organische Zweck-
mäfsigkeit. Hiermit dürfen wir aber nicht die Vor
stellung verbinden, dafs in der organischen Natur
eine von der anorganischen ganz verschiedene Art
von Zusammenhängen gegeben sei. Denn, wie Mach 1 )
gezeigt hat, ist der Begriff des Zwecks oder Ziels nur
ein Ausdruck für die Unvollständigkeit unserer Kennt
nisse, und fällt der organische Zweck wohl zusammen
mit dem Ergebnis der unmittelbaren, ursächlichen Zu
sammenhänge, die uns blofs vorläufig verborgen sind.
Das organische Streben nach dem vitalen Er
haltungsmaximum darf wohl nicht ohne weiteres als
identisch angesehen werden mit dem Überleben des
Passendsten, d. h. des unter den jeweiligen Umständen
Unangreifbarsten und Dauerhaftesten, wodurch eine
Art Anpassung aller Dinge untereinander erzeugt wird,
einschliefslich der unorganischen, eine Anpassung, die,
1. c. S. 7Q,