Full text: Die Bierbrauerei wissenschaftlich begründet und praktisch dargestellt (1. Band)

169 
so höher, je stürmischer die Gährung— bei höherer Temperatur 
oder bei Anwendung von mehr Stellhefe — sie vor sich geht. 
Dies macht in den Gefässen, in welchen man die Gährungen 
vornimmt, einen entsprechenden Oberraum — Steigraum — noth- 
wendig, worauf bei Vornahme von Gährungen im Kleinen wie 
im Grossen Rücksicht genommen werden muss. 
Dieses Steigen und Fallen, so wie das äussere Ansehen der 
Schaumdecke, gibt das gewöhnliche empirische Kennzeichen zur 
Beurtheilung des Gährungsverlaufes ab, und dieser Vorgang al 
lein macht es möglich, dass man die Obergährung der Bierwürze 
in Fässern vornehmen kann, wobei die Schaumdecke — die Ober 
hefe — durch das offene Spundloch ausgestossen wird. 
Von den anderweitigen äusseren Gährungserscheinungen 
lässt sich im Grossen deshalb weniger wahrnehmen, weil die 
gährenden Flüssigkeiten in Gefässe mit undurchsichtigen Wänden 
eingeschlossen werden. Der geistige Geruch und Geschmack der 
gährenden Flüssigkeiten tritt erst im fortschreitenden Gährungs- 
verlaufe mehr und mehr hervor, und sind beide nach beendigter 
Gährung am merkbarsten. Oft schmeckt die gegohrene Flüssig 
keit nach beendigter Gährung mehr oder weniger sauer. Die 
Säure war theils schon ursprünglich in der zuckerhaltigen Flüs 
sigkeit enthalten, und es wurde ihr Geschmack durch den vor 
handenen Zucker verdeckt. Wie aber dieser durch die fortschrei 
tende Gährung zersetzt wird und verschwindet, tritt dann der 
säuerliche Geschmack mehr und mehr hervor (Phosphorsäure, 
Weinsäure). Oefters wird die Säure erst während des Gährungs 
verlaufes aus Zucker (Milchsäure) oder aus Alkohol (Essigsäure) 
gebildet. 
Die Gährung in offenen und in geschlossenen Gefässen. 
Bei der geistigen Gährung, wobei es sich meistens vor 
züglich darum handelt, die möglich vollständigste Zersetzung 
des Zuckers in Alkohol und Kohlensäure zu erzielen, den gebil 
deten Alkohol in der gegohrenen Flüssigkeit zu erhalten und 
seine Verflüchtigung (Verdunstung) so wie seine Umwandlung in 
Essigsäure durch die Berührung mit der atmosphärischen Luft 
zu verhindern, ist es von Wichtigkeit und nicht einerlei, ob die 
Balling’s Gährungscliemie I. 
12
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.