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Das Kartoffelmehl.
Wenn man die gewaschenen Kartoffeln mittelst einer der
bekannten Schneidemaschinen in dünne Scheiben oder Stengel
ehen zerschneidet und diese in einem Bottich durch Maceration
mit kaltem Wasser auslaugt, wobei man zur Beförderung der
Durchdringung des Zellengewebes dem Wasser das erste Mal
etwas Schwefelsäure 1 bis 2 pCt. vom Gewichte der Kartoffeln
zusetzt, welche zugleich die Färbung der Flüssigkeit an der Luft
verhindert; wenn man dann nach 24 Stunden die den grössten
Theil des Kartoffelsaftes enthaltende saure Flüssigkeit abzieht
(sie kann mit Kalk neutralisirt ebenfalls als Dungmittel dienen)
und die rückständigen Schnitte durch mehrmaligen Aufguss von
frischem Wasser und Abzapfen desselben von der ihr anhängen
den sauren Flüssigkeit möglichst befreit: so werden die Anfangs
steifen Schnitte welk, lassen sich nun leicht trocknen und blei
ben dabei vollkommen weiss. Diese trockene Masse enthält
blos das Stärkmehl und den Zellenstoff der Kartoffeln. Sie
kann wie Getreide auf Schüttboden aufbewahrt und auf den ge
wöhnlichen Mahlmühlen zu feinem, weissen Mehl vermahlen
werden.
Dieses Kartoffelmehl unterscheidet sich wesentlich von dem
aus den gekochten getrockneten Kartoffeln erzeugten. Es ent
hält das Kartoffel-Stärkmehl im unveränderten lufttrockenen Zu
stande, während es in dem Mehl der gekochten Kartoffeln als
trockener Kleister enthalten ist, wodurch die Stärkmehlkörner
ihre organische Structur bereits eingebüsst haben. In dem
Mehle aus gekochten Kartoffeln ist noch fast das ganze Albumin
und fast der ganze Salzgehalt des Kartoffelsaftes enthalten,
welche dem aus den ausgelaugten Schnitten erzeugten Mehle
abgehen.
Alois Freiherr v. Königsbrunn zu Gratz in Steiermark
hat dieses Mehl zuerst dargestellt und als Zusatz zum Getreide
mehl beim Brodbacken verwendet. Er fand, dass es durch Aus
laugen mit schwefelsaurem Wasser bereitet etwas Schwefelsäure
zurückhält, welche mit blossem Wasser nicht hinweggenoinmen
werden kann, wodurch es zu einigen technischen Verwendungen,
z. B. zum Brotbacken, zur Biererzeugung &c. untauglich würde;