Full text: Die Bierbrauerei wissenschaftlich begründet und praktisch dargestellt (1. Band)

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Samenkornes unter der Hülse fortgewachsen, sind durch das 
Keimen die Wurzelfasern bei Gerste 1- bis 1'/ 3 mal, bei Wei 
zen und Roggen eben so lang geworden wie das Samenkorn, 
haben sich die Wurzeln mehrerer Körner mit einander verschlun 
gen (verfilzt), so ist der Zeitpunct gekommen, wo das Fortwach 
sen der Samen gänzlich unterdrückt werden muss, wenn man 
nicht Gefahr laufen will, dass durch Austreten des Blattkeimes 
die Substanz des mehligen Kornes Schaden leide. — Man schau 
felt deshalb die schon niedrigen Haufen (Beete) noch mehr aus 
einander und breitet das Grünmalz nur 1 bis 2 Zoll hoch auf 
der Malztenne aus, damit es abkühle und theilweise abtrockne, 
worauf man zum vollkommenen Trocknen und Darren desselben 
schreitet. 
Herr Ignaz Wisch in, ein sehr geachteter Brauereipächter 
und Brauereibesitzer in Böhmen (gest, 1851), welcher sich in 
seinem Geschäfte einer grossen Prosperität erfreute, in seinem 
Fache einen besonders guten Ruf genoss und sehr wohlschmek- 
kende sich schnell klärende Biere, dabei aber eine eigene Ober 
hefe erzeugte, die hierlandes wegen ihrer dickteigigen Beschaf 
fenheit geronnene Hefe genannt worden ist — von welcher 
Hefe später in der Bierbrauerei nochmals die Rede sein wird — 
befolgte beim Malzen den Grundsatz, den Grad des Keimens 
niemals nach der Länge der ausgewachsenen Wurzelfasern, son 
dern vielmehr bloss nach der Länge des. ausgewachsenen Blatt 
keimes zu beurtheilen, und diesen bis nahe zum Ende des Ger 
stenkorns auswachsen zu lassen. Dies konnte aber wieder nur 
erreicht werden, wenn die Wärme in der in hohe Beete gelegten 
geweichten Gerste nicht zu sehr gesteigert, und der Keimprocess 
überhaupt bei niedrigerer Temperatur geführt wurde. 
Er erzielte dadurch eine mehrere Auflockerung des meh 
ligen Korns in der gemalzten Gerste, eine vollständigere Auflö 
sung desselben beim Maischen, die Erzeugung einer sich leicht 
und schnell klärenden Würze, ein nach der Gährung sich bald 
klärendes Bier und die Bildung der genannten geronnenen Ober 
fläche, welche von andern Brauern als Samenhefe sehr gesucht war. 
Ermächtiget diese Mittheilung machen zu können, weihe ich 
dem verdienten Manne gerne diese Erinnerung, und kann das 
angegebene Verfahren um so mehr zur Befolgung empfehlen, 
als cs nicht nur durch eine vieljährige Praxis bewährt ist, son- 
Ralling’s Gährungscheni'e. I. 23
	        
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