Full text: Die Bierbrauerei wissenschaftlich begründet und practisch dargestellt (1. Band, 1. Theil)

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Die Gährung der von dem Zymotechniker bearbeiteten Flüs 
sigkeiten wird meistens unter Zutritt der atmosphärischen Luft 
vorgenommen; es entwickelt sich dabei aus den gährenden Flüs 
sigkeiten eine große Menge kohlensaures Gas. Dieses Gas, 
aus einer wässerigen Flüssigkeit entbunden, ist mit Feuchtigkeit 
gesättigt; es enthält auch Alkoholdnnst. Sein Gehalt an Waffer- 
und Alkoholdunst ist bedingt von der Temperatur der Flüssig 
keit, ans welcher es sich entwickelt. Man kann sich von dieser 
Thatsache leicht überzeugen, wenn man die Gährung in einem 
verschlossenen Gefäße vornimmt und das sich dabei entbindende 
kohlensaure Gas durch ein zweischenkelig gebogenes Gasleitungs- 
rohr, welches man mit Wasser absperrt, ableitet, um das Gas 
zu nöthigen, durch das Wasser zu streichen, ehe es in die atmo 
sphärische Luft austritt. In dem vorgeschlagenen Wasser findet 
sich nach beendigter Gährung etwas Alkohol, und zwar um so 
mehr davon, je höher die Temperatur der gähreuden Flüsiigkeit 
war. Um diesen Verlust an Alkohol zu vermindern, ist es gut, 
die Temperatur der in die geistige Gährung zu versetzenden 
Flüssigkeit nicht zu hoch zu machen, sie vielmehr möglichst zu 
erniedrigen; denn die Temperatur größerer Massen gährender 
Flüssigkeiten steigt während des Gährungsverlaufes ohnedieß 
noch um ein Bedeutendes, oft um 10—15 Grade nach der Cen- 
tesimal-Scala, welche von selbst erfolgende Temperaturs-Erhö 
hung der Verdunstung von Alkohol in Gemeinschaft mit der 
entweichenden Kohlensäure sehr günstig ist. Dieß begründet 
einen wesentlichen Vorzug der Untergährung bei niederer Tem 
peratur (6—8° R.) vor der Obergährung bei höherer Tempe 
ratur (10—30° R). Im ersten Falle wird der durch den Gähr- 
proeeß gebildete Alkohol vollkommener in der Flüssigkeit erhalten. 
Einen analogen Einfluß nimmt hierauf die atmosphärische 
Luft, wenn die gährenden Flüssigkeiten in offenen Gefäßen mit 
ihr in unmittelbarer Berührung sind. Aber die atmosphärische 
Luft nimmt hierauf noch einen andern Einfluß; sie wirkt näm 
lich vermöge ihres Oxygengehaltes oxydirend auf den in der 
Flüssigkeit gebildeten und enthaltenen Alkohol und verwandelt 
ihn in Essigsäure. Dieß geschieht um so energischer, je höher 
die Temperatur der gährenden Flüssigkeit ist. Diesem Umstande 
ist die Erscheinung zuzuschreiben, daß man in den Gährkammern 
großer Branntweinbrennereien oft einen geistigen, manchmal aber 
auch einen sauren Geruch bemerkt. Das Letztere ist immer schon
	        
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