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Nach Gobley läßt sich Milchsäure im Großsu aus Milch
zucker, Dextrin, Rohrzucker, Stärkmehl und Gummi erzeugen,
wobei aber immer abgerahmte Milch als Ferment und eine
etwas höhere Temperatur von 25 bis 30°C anzuwenden ist.
(Journal de Pharmacie 1844. Jouillet p. 54—62). Sie entsteht
aber in den Würzen und Meischen nur auf Kosten eines Antheils
Zucker, welcher dadurch der Gährung und Alkoholbilduug ent
zogen wird, was darauf hinweiset, ihre Bildung in den Meischen
und Würzen zu verhindern. In diesen Beziehungen ist ihre
Bildung bei dem Meischproceße in den zymotechnischeu Gewerben
und ihr Vorhandensein in der Meische von besonderem Interesse
und Wichtigkeit. — Sie ist zugleich eine der Verbreitesten Sub
stanzen in der Thier- und Pflanzenwelt und scheint hier oft
eine wichtige Rolle zu spielen; Bernard und Barreswill haben
ihre Existenz im Magensafte nachgewiesen, auch soll sie sich nach
Gobley int freien Zustande im Eigelb befinden. Man trifft sie
in allen Pflanzensäften, deren geistige Gährung unter dazu ge
eigneten Umständen vor sich gegangen ist, in den verdorbenen
und gegohrenen Mehlarten aller Cerealien, in der abgesetzten
Lohbrühe und im Sauerwasser der Weizenstärkmehl-Fabriken.
Sie bildet sich in reichlicher Menge, wenn irgend eine Art von
Zucker bei einer Temperatur von 20—30°C. mit einem kohlen
saurem Alkali oder einer kohlensauren Erde und Ferment und
besonders wenn sie mit Käsestoff in Berührung kömmt. Der
Milchsäure-Gährung der Zuckerarten des Gummi und des Stärk
mehls folgt unmittelbar die Buttersäure-Gährung, weßhalb das
Interesse für diese Säure unter dem doppelten Gesichtspuncte
der Chemie und Physiologie noch erhöht wird.
Sie ist färb- und geruchlos und im concentrirten Zustande
sehr sauer; beim Verdünnen mit Wasser verliert sie diesen sauren
Geschmack auffallend. Auch im Weingeist, weniger im Äther,
ist sie löslich. Sie bringt in der Siedehitze Milch so wie Ei
weiß zum Gerinnen. Phosphorsauren Kalk (der Knochen) löst
sie leicht und rasch so wie auch Kleber und einige Proteinkörper
auf. Sie ist nicht destillirbar, wohl aber unter theilweiser Zer
setzung sublimirbar, wobei sie 2 Atome Wasser verliert und in
Brenzmilchsäure übergeht, die sich im Wasser wieder allmälig
durch Aufnahme desselben in Milchsäure verwandelt. Durch
Kochen mit concentrirter Salpetersäure wird sie in Oxalsäure
umgewandelt.