Full text: Die Bierbrauerei wissenschaftlich begründet und practisch dargestellt (1. Band, 1. Theil)

Flüssigkeiten mindestens zweifelhaft und könnte hierdurch Meiß- 
ner's Ansicht vom Gährprocesse wohl eine Stütze mehr finden, 
wonach der klare reine Wein als unmittelbares Product der 
geistigen Gährung eine stickstoffhaltige Substanz in seiner 
Mischung enthalte. 
Um die hier vorkommende chemische Sprache zu fassen, 
muß man Meißner's „Neues System der Chemie" (Wien 
1837) einsehen. 
Nach Thenard, auf dessen Versuch sich gewöhnlich berufen 
wird, blieb von der frischen Hefe, die zur Gährung einer Lösung 
von gemeinen Zucker verwendet wurde, die Hälfte ihres Ge 
wichtes einer weißen, sich wie Pflanzenfaser verhaltenden stick 
stofffreien Masse zurück. Da sich nun bei der Gährung bloß 
eine der zersetzten Zuckermenge proportionale Menge von kohlen 
saurem Gase entbindet, so muß ein Antheil der Hefe, und zwar 
gerade der stickstoffhaltige, in der gegohrenen Flüssigkeit ver 
blieben und in Auflösung übergangen sein; er muß sich im 
Zuckerweine finden, und dieser ist es, welcher zu der Ent 
wickelung von Ammoniak beim Kochen des Zuckerweins mit 
Ätzkalilauge das Materiale liefert. Dumas, welcher in dem 
Rückstände von der Zersetzung des gemeinen Zuckers durch die 
Gährung auch Milchsäure fand, gibt an, daß sie darin mit 
Ammoniak verbunden sei; allein dieser Rückstand reagirt sehr 
sauer, ist daher wenigstens nicht vollkommen mit Ammoniak 
neutralisirt, und die Präexistenz des Ammoniaks darin dürfte 
hier wie vorn in Zweifel gezogen werden müssen. 
Die Bildung der neuen Hefe bei der Selbstgährung der 
Frucht- und Pflanzensäfte erklärt Meißner durch die Ab 
scheidung eines Antheils durch Oxydation gebildeten Ferments, 
welches sich nicht mit dem Alkohol zu Wein verbindet, und die 
Bildung der neuen Hefe bei der durch Hefenzusatz erregten 
Gährung der Bierwürzen und Branntweinmeischen erklärt 
Meißner dadurch, daß die in denselben aufgelösten Protein 
verbindungen (Bestandtheile aus dem Kleber) schon fertiges 
Ferment enthalten, welches in der Bierwürze rc. mittelst des 
Zuckers aufgelöst ist, und also, wenn der Zucker durch das zur 
Erregung der Gährung hinzugesetzte Ferment im Malzwein und 
kohlensaures Gas zersetzt wird, als Fermenthydrat herausfalle, 
wofür auch der Umstand spreche, daß die Hefe mit viel Zucker 
in den flüssigen Zustand (Döbereiner's Hefensirup) übergehe.
	        
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