Full text: Die Bierbrauerei wissenschaftlich begründet und practisch dargestellt (1. Band, 1. Theil)

138 
Der Umstand, daß der gemeine und Krümelzucker ein ihrer 
zersetzten Menge proportionales Quantum Hefe zur Alkohol 
bildung erfordern, dann daß bei der Gährung solcher Flüssig 
keiten, aus welchen sich während des Gährungsverlaufes neue 
Hefe abscheidet, deren Menge mit der des gebildeten Alkohols 
und jener des zersetzten Zuckers in Proportion steht — in dem 
Maße nämlich, als der Zucker zersetzt wird, fällt das Ferment 
aus der gährenden Würze, welches nur durch den Zucker in 
der Auflösung erhalten war, heraus —, was mit der Erfah 
rung vollkommen im Einklänge ist, würde auf eine constante 
stöchiometrische Beziehung hindeuten und ebenfalls für Meiß- 
ner's Gährungstheorie sprechen. 
Trommsdorff *) sagt über diesen Proceß: Alle orga 
nische Körper sind weniger beständig und mehr der Veränderung 
unterworfen als die unorganischen. Fast alle organische Körper 
sind Zusammensetzungen von drei, vier oder mehr Elementen, 
die in der Verbindung einander das Gleichgewicht halten; aber 
verschiedene Umstände bewirken eine Störung dieses Gleichge 
wichtes, die Verwandschaften der Elemente zu einander werden 
thätig und die zusammengesetzter« Verbindungen lösen sich in 
mehre einfache auf; endlich erfolgt eine mehr oder weniger 
vollkommene Zersetzung des Körpers. 
Nach Fourcroy soll bloß die Heterogenität des zuge 
setzten Körpers unter günstigen Umständen eine solche Störung 
des Gleichgewichtes bewirken und die geistige Gährung einleiten. 
Substanzen, die sehr geneigt seien, für sich in Gährung zu 
gehen, seien sehr geeignet, die Gährung anderer süßer Flüssig 
keiten zu befördern. Man bediene sich daher als Gährungs- 
mittel gewöhnlich solcher Materien, die schon in Gährung be 
griffen sind, der Hefe, des sogenannten Gäschtes. 
Diese im Jahre 1802 ausgesprochene Ansicht vom Gähr- 
proceffe läßt uns zwar über die eigentliche dabei wirksame, die 
Gährung erregende Kraft im Dunkeln, allein man wird dabei 
unwillkührlich an den Galvanismus, an die Katalyse und an 
die Ansteckung erinnert, indem schon damals Trommsdorff 
etwas Ähnliches im Geiste vorgeschwebt zu haben scheint, und 
es wurde diese Theorie, welche mehre Erscheinungen beim Gähr- 
processe ganz unerörtert läßt, nur deßhalb hier aufgeführt, 
') Dessen „System. Handbuch der Chemie", 3. Band, S. 229. (Erfurt 1802).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.