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in die Mischung der Pflanze übergehenden Elemente dieser
Körper vorzugsweise sich zu Alkohol nnd Kohlensäure verbinden.
Aus dieser Erklärung ergeben sich die meisten, über die
geistige Gährung gemachten Beobachtungen sehr natürlich. Na
mentlich wird dadurch der Umstand, daß die Menge der neu
gebildeten Hefe mit der Menge des erzeugten Alkohols im Ver
hältnisse steht, sehr einfach erklärt. Dagegen findet bis jetzt die
Zersetzung der Hefe bei der Gährung reinen Zuckers dadurch
keine Erklärung. Dennoch hat diese Ansicht Vieles für sich.
Die Bildung der neuen Pflanze nach deren Aussaat durch die
Samenhefe (das Stellen mit Hefe), die Fortpflanzung und
Vermehrung derselben, mithin der eigentliche Pflanzenbildungs-
proceß wäre dabei die Hauptsache, die neu gebildete Hefe daher
das Hauptproduct; Alkohol und Kohlensäure wären Nebenpro-
ducte des Processes. Alle Einflüsse, welche demnach die Pflanzen
bildung — die Hefenbildung — befördern, müssen auch die
Alkoholmenge vermehren, und deßhalb steht die Menge der er
zeugten neuen Hefe mit der Menge des gebildeten Alkohols im
geraden Verhältnisse. Die verschiedenen Gährungsperioden,
welche man dabei beobachtet, stellen die sich folgenden Ve
getationsperioden, dar. Der Weinmost, die Malz- und
Getreidewürzen wären daher der Boden, in dem die Hefe
wächst. Die Oberhefe verhält sich zur Unterhefe, wie beim
Getreide die Sommerfrucht zur Winterfrucht, und der Gäh-
rungscyclus der erster» ist dem Vegetationscyclus der letzter»
analog.
Nach Mitscherlich vermehrt sich die Oberhefe durch
Knospenbildung; die Unterhefe scheine sich durch Sporen fortzu
pflanzen, indem bei dieser keine Verästelungen gebildet werden,
sondern kleine Kügelchen in der Flüssigkeit isolirt wachsen.
Wahrscheinlich sei es, daß bei der Unterhefe die Kügelchen platzen
und ein granulöser Inhalt heraustrete; aus jedem Körnchen
desselben bilde sich ein ueues Hefekügelchen aus.
Die Hefe sei eine Pflanze, welche aus einfachen, höchstens
0.01 Millimeter großen Zellen bestehe, sich selbstständig zu ver
mehren und zu ernähren vermöge und nach Desma ciöres zu
den Mycodermen gehöre. In Beziehung auf ihre Elementar-
Zusammensetzung kommt sie am meisten mit den Proteinverbin-
dungen überein, und auch in ihren chemischen Verhältnissen