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Gährung vor sich geht ohne Bildung und Ausscheidung von
Hefe, und daß diese einer spätern Gährungsperiode angehört,
mithin die Ansicht, als finde Hefenbildung gleichzeitig mit der
Zersetzung des Zuckers Statt, für den Anfang und bis etwa
zur Hälfte der Vergährung unbegründet ist. Dieser Umstand
wird bei Aufstellung einer richtigen Theorie des Processes der
geistigen Gährung Berücksichtigung finden müssen.
2) Weiter wurde schon erwähnt, daß für gemeinen Zucker
der für die allgemeine Ansicht von der Zersetzung des Zuckers
durch den Gährproceß — wonach 100 Gewichtstheile desselben
53.801 Alkohol und 51.462 Kohlensäure liefern — berechnete
Alkoholfactor für die wirkliche Attenuation mit dem durch Er
fahrung gefundenen nicht zusammenstimmt, daß ersterer hiernach
bedeutend größer ausfällt, und daß demnach diese Ansicht von
der Zersetzungsweise des Zuckers bei dem Gährprocesse verlassen
und dafür jene angenommen werden muß, welche dabei die
Bildung der Milchsäure berücksichtigt, weil diese Ansicht sowohl
der Theorie als der Erfahrung entspricht. Endlich muß
3) bei der Aufstellung einer richtigen Theorie und Erklä
rung des Gährprocesses der in der Erfahrung begründete Um
stand berücksichtigt werden, daß die Dichte der gegohrenen und
gekochten Flüssigkeit auch bei der vollständigsten Vergährung
niemals — 1.000 oder deren Sacharometer - Anzeige — 0.000
pCt. wird, was doch sein müßte, wenn der Zucker dabei bloß
in Alkohol und Kohlensäure zerlegt würde und kein anderer
bei der Gährung aus demselben gebildeter Körper (Milchsäure)
in derselben verbliebe, welcher ihre Dichte oder deren Sacharo
meter-Anzeige erhöht.
Die Ermittelung der Attenuationsverhältnisse bei der gei
stigen Gährung zuckerhaltiger Flüssigkeiten ist für die Wissen
schaft und richtige Erkenntniß der Gährprocesse von der größten
Wichtigkeit. Man lernt den ursprünglichen Zuckergehalt oder
die ursprüngliche Sacharometer - Anzeige der in die Gährung
versetzten Flüssigkeit genau kennen. Man kann die gährende
Flüssigkeit in jedem Momente ihres Gährungszustandes auf die
sich dabei darstellenden Attenuationsverhältnisse prüfen, den
Alkoholgehalt derselben, die Menge des zersetzten Zuckers, so
wie die des in der Flüssigkeit noch enthaltenen unzersetzten
jedesmal bestimmen, zwischen diesen Resultaten Vergleichungen
anstellen, proportionale Beziehungen herausfinden und dadurch