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Man pflegt durchgehend zu verlangen, daß das Gersten
malz keine ungekeimte oder roh gebliebene Gerstenkörner ent
halten solle. Ob sich diese Forderung auf eine zureichende Er
fahrung stützt, ist mir unbekannt. Die aus solchem Malze (mit
telst der böhmischen Decoctionsmethode) bereiteten Biere sollen
sich nicht gut klären wollen; allein wenn dieß begründet wäre,
so scheint der Fehler im Verfahren und nicht in den im Malze
befindlichen Gerstenkörnern zu liegen; denn es ist Thatsache^
daß Gerstenmalz, mit roher Gerste zu gleichen Gewichten (nach
der rationellen Jnfusionsmethode) eingemeischt, klare Würzen,
und diese nach gehörigem Abliegen klare Biere geben. Ein Theil
ungekeimter Gerste im Malze scheint daher nicht schädlich, wohb
aber die Leitung des Malzungsprocesses beirrend zu sein. Jeden
falls löst sich auch das mehlige Korn der ungekeimt gebliebenen
Gerste beim Meischprocesse ziemlich vollständig auf.
Malzen des Weizens.
Im Wesentlichen wird bei dem Malzen des Weizens ebenso
verfahren wie bei dem Malzen der Gerste; nur keimt derselbe,
da er eine dünnere Hülse hat, schneller und ist daher bei dem
Keimen desselben noch mehr Vorsicht nöthig als bei dem der
letztern. Der gehörig gequellte Weizen wird in niedrigere Beete
aufgeschüttet, fleißiger gewendet, die Temperatur beim Schwitzen
nicht so hoch gesteigert, und wenn der Wurzelkeim bis zu einer
gleichen Länge mit dem Korn herangewachsen ist, die Fortkei
mung durch dünnes Ausbreiten, Übertrocknen, Abkühlen und
fleißiges Wenden unterbrochen. Beim Keimen des Weizens fin
det nur der Unterschied statt, daß der Blattkeim — wenn das
selbe zu lange fortgesetzt oder nicht rechtzeitig unterbrochen wird
— nicht an dem entgegengesetzten, sondern an demselben Ende
des Keimes hervorbricht, wo die Wurzelkeime herausgetreten
sind. Im Übrigen gilt hier alles das, was bereits bei dem
Malzen der Gerste angeführt worden ist.
Saussure hat den rohen (a) und gekeimten Weizen (b)
untersucht, um die Veränderungen zu ermitteln, welche bei dem
Keimen desselben in dem mehligen Korn vor sich gehen. Zu
gleich hat Saussure denselben Weizen 6 Monate lang unter
Wasser liegen lassen, um die Veränderungen zu studiren, welche