steigt der Siedepunct und die Verdampfung geht langsamer vor
sich. Die angegebenen Siedepuncte beziehen sich auf den ange
nommenen Normal-Barometerstand von 28 alt Pariser Zoll,
für welchen sie der Vergleichung wegen gewöhnlich bestimmt
werden.
Wenn man einer verdampfbaren, siedenden Flüssigkeit noch
fortwährend Wärme hinzuführt, so steigt ihre Temperatur nicht
mehr, und alle ihr mehr zugeführte Wärme wird dazu ver
wendet, die Flüssigkeit in Dampf zu verwandeln, ohne daß je
doch dieser Dampf eine höhere Temperatur zeigt, als die sie
dende Flüssigkeit, ans welcher sich derselbe entbindet. Diese
Wärme ist daher in dem Dampfe in einem Zustande enthalten,
in welchem sie für unser Gefühl so wie für das Thermometer
nicht wahrnehmbar ist, und diese Wärme nennt man gebun
dene Wärme, zum Unterschiede von der freien Wärme,
welche wir an den Körpern sowohl durch unser Gefühl unter
scheiden, als mit dem Thermometer messen können. Das ko
chende Wasser enthält daher freie, der Wasserdampf freie und
gebundene Wärme.
Wenn man dem Dampfe die gebundene Wärme durch Er
kältung entzieht, so wird er dadurch wieder zur tropfbaren Flüs
sigkeit verdichtet. Indem sich das Erkältnngsmittel dadurch er
wärmt, kann man die Quantität Wärme bestimmen, welche dem
Dampfe entzogen wurde und im gebundenen Zustande darin ent
halten war.
Wenn man den Dampf von 1 U Wasser in 5.5 U Wasser
von 0° Temp. leitet, so wird dadurch der Dampf in jenem
kalten Wasser zu tropfbarem Wasser condensirt, indem er seine
gebundene Wärme an dieses abgibt und es dadurch bis zum
Sieden erhitzt; aus dem Dampfe entsteht aber ebenfalls 1 U
siedendheißes Wasser.
Dieses Experiment lehrt drei für die Anwendung des
Dampfes zur Erhitzung sehr wichtige Thatsachen kennen, und
zwar:
1) Daß 1 U siedendenheißer Wasterdampf so viel gebun
dene Wärme enthält, als nothwendig ist, um 5'/2 K' Wasser
vom Frostpuncte bis zum Siedepuncte zu erhitzen, und
2) daß, wenn der Dampf unmittelbar in die Flüssigkeit
einströmt, diese um 1 U Wasser, ans dem condensirten Dampfe
entstanden, vermehrt wird, worauf bei der Bestimmung der