Full text: Die Bierbrauerei wissenschaftlich begründet und practisch dargestellt (1. Band, 2. Theil)

S65 
was ich und zum Theil Zierl ihm bereits bewiesen haben, 
allemal die Schuld, wenn das baierische Bier sauer wird, ans 
Mangel an Erfahrung und Ungeschicklichkeit des Brauers schie 
ben zn können. 
Obwohl ich nun eben nicht berufen bin, mich der Bier 
brauer anzunehmen, so fühle ich doch den Beruf, die gute Sache 
zu vertheidigen, und habe für diesen Zweck aus meinen darüber 
gesammelten Erfahrungen Folgendes zu erinnern: 
1) Ist es durch kein Experiment je bewiesen worden, und 
auch nicht beweisbar, daß durch die Untergährung alle stickstoff 
haltige Bestandtheile des Biers in Form von Hefe aus dem 
selben ausgeschieden werden; ein solches Bier ist noch niemals 
im Großen und Kleinen dargestellt worden, weil sich in einem 
jeden, auch noch so vollkommen vergohrenen und am längsten 
abgelagerten baierischen Biere noch derlei Bestandtheile finden, 
und man kann behaupten, daß es unmöglich sei, dieses Ziel zu 
erreichen, weil in dem Biere, auch wenn dessen Nachgährung 
-schon beendet ist nud es anfängt sauer zu werden, noch solche 
Bestandtheile anzutreffen sind, und deren Vorhandensein selbst 
von Liebig als Bedingung des Sauerwerdens angenommen 
wird, wozu ich nur noch beizufügen habe, daß alle Biere ohne 
Ausnahme endlich sauer werden, daß daher den baierischen Bie 
ren diese Eigenschaft niemals abgeht. 
2) Die vollkommene Entfernung der von Liebig sogenannten 
Säuerungserreger aus dem Biere hat mit der Erfahrung und 
Geschicklichkeit des Brauers nichts gemein. Zur möglichsten 
Entfernung derselben, d. h. zur möglichst vollständigen Ver- 
gährung des Biers tragen nur Zeit, d. h. langes Lagern in 
guten, kühlen Kellern bei, die beide wohl nicht zu den Ge 
schicklichkeiten und Erfahrungen eines Brauers gerechnet werden 
können. 
3) Als Endresultat aller dieser Umstände ergibt sich, daß 
bloß das relative Verhältniß, das Mehr oder Weniger hierbei 
in Betracht kommen kann. Die kühlere oder wärmere Tempe 
ratur der Würze und des Locals bei der Gährung und der 
Keller bei der Anfbewahrnng bedingen vorzugsweise die Dauer 
der Hauptgährung und Nachgährung, mithin die Haltbarkeit der 
Biere. Der dabei erlangte geringere oder größere Vergährungs- 
grad bedingen den noch geringern oder größer» Gehalt der 
Biere an stickstoffhaltigen Bestandtheilen, mithin den Grad ihrer
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.