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Die chemische Wirkung der thierischen Gallerte als Bierklä
rungsmittel.
Bereits an mehren Orten habe ich von der Anwendung der
thierischen Gallerte zur Klärung der Biere und Wurzen gehan
delt, auf den Unterschied zwischen der Art der Anwendung der
selben zur Klärung der ersteren und letzteren hingewiesen, und
den chemischen Proceß angedeutet, welcher bei der Klärung der
Würzen damit Statt findet. Dadurch aufmerksam gemacht und
in Folge mehrseitiger darüber gepflogener Besprechungen haben
einige Brauer und Brauereileiter diese Klärungsweise versucht
und nun beibehalten, weil sie dabei auch die Erfahrung gemacht
und wiederholt bestättigt gefunden haben, daß diese Wirkung
nicht nur eine ausgezeichnete sondern auch eine ganz sichere
selbst dann ist, wenn man es mit Würzen zu thun hat, welche
Biere liefern die sich schwierigerklären, und in der heißesten Jahres
zeit, wo wegen mangelnder hinreichender Abkühlung der Würze
die Obergährung zu stürmisch vor sich geht, die Klärung der
Biere so wie ihre Dauer und Haltbarkeit ohnedieß gefährdet
sind. Ich finde es demnach für nützlich, hier darauf noch etwas
näher einzugehen.
Die chemische Wirkung des im Hopfen enthaltenen Gerbe
stoffes auf die damit gekochte Würze und das daraus erzeugte
Bier ist bis jetzt noch nicht gehörig aufgefaßt und studirt worden.
Man gibt an, daß der Gerbestoff (Gerbsäure) das Dex
trin fälle, falls ein solches in der Würze enthalten sein sollte,
weil er mit demselben eine unlösliche Verbindung einzugehen
fähig ist, und diese Ansicht, welcher sonst Nichts entgegensteht,
wurde auch in diesem Werke aufgenommen, weil wenn die
Würze beim Abziehen von den Trebern etwas feines Schrot
mit fortreißt, dieses beim Kochen derselben eine geringe Menge
Dextrin in sie liefern kann; denn außerdem, wenn sie ganz klar
in den Braukessel kömmt, enthält sie kein Dextrin. Allein der
Gerbestoff ist eine Substanz, welche sich in wässeriger Auflösung
in Berührung mit der atmosphärischen Luft durch Aufnahme von
Sauerstoff in Gallussäure umwandelt, und dadurch, indem er
seine chemische Natur ändert, auch seine gerbende Eigenschaft
einbüßt. Bei Gelegenheit, als S. 139 von der Bereitung des
Hopfenextractes gehandelt wurde, ist bereits darauf hingewiesen
worden. Dieser Umstand wurde bisher gänzlich übersehen; er