Olbers an Gauss. Bremen, 1802 November 12.
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nicht die Gefälligkeit haben, die Anlage durchzusehen, und mir Ihre
Meinung darüber zu sagen. Dass ich die Erde als sphärisch voraus
setze, kann keinen bedeutenden Einfluss haben; auch ist es nicht schwer,
die sphäroidische Gestalt der Erde mit in Betrachtung zu ziehen, wenn
dies liier nöthig wäre.
Den Brief von Professor H. bitte icli mir gelegentlich zurück zu
schicken.
Abweichung fallender Körper vom scheinbaren Perpendikel wegen
der Rotation der Erde.
Ich nehme die Erde für eine Kugel an. Es sei % ihre Rotations-
zeit (in Sekunden), r ihr Halbmesser, 1 \n das Verhältnis des Durch
messers zum Kreise, <p die Polhöhe, g der Raum, wodurch ein schwerer
Körper bei ruhender, nicht rotirender Erde in einer Sekunde fallen würde,
g' der Raum, wodurch er unter der Polhöhe yj wirklich fällt, so ist
Centrif ugalkraft unter der Polli. y: Kraft der Schwere =g:2r j cos yj.
Diese Centrifugalkraft wirkt in der Ebene des kleinen Kreises, der um
90° — y> vom Pole absteht. Man zerlege sie in 2 Tlieile. Der Theil
wirkt der Schwere entgegen und vermindert sie. Der andere
ist auf die Richtung der Schwere in der Ebene des Meridians senkrecht.
Damit ist
bestimmt. Ist nun die Höhe Mm des Punktes m über der Oberfläche
der Erde =a, so weicht das Lotli unten um die Grösse Mn von dem
Punkt M ab, und es ist
r sin 2 yj
und der Winkel nmM, womit ein von dem Punkt m
herabhängendes Lotli von der Linie mC abweicht, wird
durch die Gleichung
Fig. 5.
taug nmM
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