No. 1.
Gauss an Olbers.
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Braunschweig, 1802 Januar 18.
Wohlgeborener, verehrtester Herr Doctor!
Schon so lange habe ich mir eine Gelegenheit gewünscht, Ihnen
die innigste Verehrung, die ich für Ihre über mein Lob weit erhabenen
Verdienste hege, bezeugen zu können. Der feinste Geometer und der
vollendete Astronom — das sind zwei Titel, die ich von ganzem Herzen
einzeln hoch schätze, und denen ich mit leidenschaftlicher Wärme hul
dige, wenn sie vereint sind. Die herrliche Entdeckung, welche uns die
öffentlichen Blätter ankündigen, giebt mir die willkommene Veranlas
sung, Ihnen diese meine Empfindungen ehrerbietigst darzulegen: mit
der herzlichsten Theilnahme gratulire ich Ihnen zu diesem glänzenden,
der erhabenen Wissenschaft geleisteten Dienste, welchen Sie so vielen
anderen, nicht minder wichtigen beifügen. Möchten Sie dieses auf
richtige Zeugniss meiner Gesinnungen nicht verschmähen, und Ihrem
wärmsten Verehrer ein Plätzchen in Ihrer Freundschaft einräumen.
Ungemein würde ich Ihnen verbunden sein, wenn Sie mir von dieser
so lange sehnlichst von mir erwarteten Entdeckung einige nähere Nach
richt gütigst mittheilen wollten. Ich habe mich bei meinen allerletzten
Rechnungen über den neuen Planeten so eingerichtet, dass ich sogleich
und mit leichter Mühe aus einer einzigen genauen Beob. die Elemente
ferner berichtigen kann, und ich zweifle nicht, dass dieselben dadurch
schon einen solchen Grad von Genauigkeit erhalten können, dass man
danach den Planeten bis zu seinem Verschwinden von der nächsten
Conjunction allezeit mit Sicherheit in einem Passageinstrument erwarten
kann. Mit Vergnügen würde ich die Berechnung einer solchen Ephe
meride übernehmen, da ich mich hier in meiner beschränkten Lage
nur auf theoretische Arbeiten einschränken und auf Beobb. ganz Ver
zicht leisten muss.
Nach meinen letzten im Dec. der v. ZACH’schen Monatlichen Corre-
spondenz abgedruckten Resultaten hatte ich die Berechnungen der Bahn
nochmals vorgenommen, und dabei theils die mir von Herrn v. Zach mit-
Olbers. II. 1