Full text: Wilhelm Olbers (2. Band, 1. Abtheilung)

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Gauss an Olbers. Braunschweig, 1805 September 3. 
mit keinem Briefe von Ihnen erfreut worden bin. Meine Beschäftigungen 
waren auch seit einiger Zeit nicht von der Art, dass sie für den Geo 
meter. noch meine Begegnisse, dass sie für den theilnehmenden Freund 
sonderlich Stoff zu Mittheilungen dargeboten hätten. Ich bin durch 
verschiedene Umstände — tlieils durch einige Briefe von Le Blanc in 
Paris, der meine Disq. Ärith. mit wahrer Leidenschaft studirt, sich 
ganz mit ihnen vertraut gemacht und mir manche recht artige Kom 
munikationen darüber gemacht hat, tlieils durch die Anwesenheit eines 
Freundes, der jenes Werk jetzt gleichfalls studirt und sich öfters bei 
mir Eatlis erholt — theils auch durch eine Art von Ueberdruss oder 
wenigstens Ermüdung an dem todten mechanischen Kalkül verleitet 
worden, in diesem einmal eine Pause zu machen und meine geliebten 
arithmetischen Untersuchungen wieder vorzunehmen. Sie erinnern sich 
vielleicht noch von unsern Gesprächen in Bremen her, namentlich an 
dem schönen Nachmittage, den wir auf der Vahr zubrachten, dass 
ich schon seit längerer Zeit eine sehr beträchtliche Sammlung von 
Untersuchungen nicht sowohl im Pult, als in petto habe, die hinreichenden 
Stoff zu einem zweiten Bande der Disq. Arith. geben, und die, wenig 
stens meinem Urtheile nach, ebenso merkwürdig sind, als die im ersten 
enthaltenen. Sie erinnern sich aber auch vielleicht zu gleicher Zeit meiner 
Klagen über einen Satz, der theils schon an sich sehr interessant ist, 
theils einem sehr beträchtlichen Theile jener Untersuchungen als Grund 
lage oder als Schlussstein dient, den ich damals schon über 2 Jahr 
kannte, und der alle meine Bemühungen, einen genügenden Beweis zu 
finden, vereitelt hatte. Dieser Satz ist schon in meinen Disq. pg. 636 l ) 
angedeutet, oder vielmehr nur ein specieller Fall davon, nämlich der, 
wo n eine Primzahl ist, auf den sich übrigens hier die übrigen würden 
zurückführen lassen. Was da von „Quaecunque igitur radix etc.“ bis 
„valde sunt memorabilia“ steht, ist streng dort bewiesen, aber was 
folgt, nämlich die Bestimmung des Wurzelzeichens, ist es gerade, was 
mich immer gequält hat. Dieser Mangel hat mir alles Uebrige, was ich 
fand, verleidet; und seit 4 Jahren wird selten eine Woche hingegangen 
sein, wo ich nicht einen oder den andern vergeblichen Versuch, diesen 
Knoten zu lösen, gemacht hätte — besonders lebhaft nun auch wieder 
in der letzten Zeit. Aber alles Brüten, alles Suchen ist umsonst ge 
wesen, traurig habe ich jedesmal die Feder wieder niederlegen müssen. 
Endlich vor ein paar Tagen ist’s gelungen — aber nicht meinem müh 
samen Suchen, sondern bloss durch die Gnade Gottes möchte ich sagen. 
V ie der Blitz einschlägt, hat sich das Räthsel gelöst; ich selbst wäre 
nicht im Stande, den leitenden Faden zwischen dem, was ich vorher 
‘) In den gesammelten Werken von Gauss Bd. I, S. 442—443. 
Sch.
	        
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