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Gauss an Olbers. Braunschweig, 1806 September 29.
No. 148.
Gauss au Olbers.
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Braunschweig, 1806 September 29.
Sehnlichst habe ich seit meinem letzten nach Rehburg gesandten
Briefe auf die angenehme Nachricht gehofft, dass Sie völlig hergestellt
und wohl Ihre Reise vollendet hätten und nach Bremen zurück wären,
bis ich jetzt von Harding höre, dass Sie von neuem in Hannover un
pässlich geworden sind. Diese unangenehme Nachricht, die mich sehr
erschreckt hat, würde mich noch mehr ängstigen, wenn Harding nicht
mich mit dem Zusatze tröstete, dass Sie jetzt diese Krankheit über
standen haben und in diesen Tagen hergestellt in Bremen zurück er
wartet würden. Mit grossem Verlangen hoffe ich von Ihnen die Be
stätigung Ihres jetzigen Wohlbefindens zu erfahren. Auch Harding’s
Gesundheit ist, wie ich mit grossem Bedauern von ihm höre, nicht ganz,
wie sie sein sollte. Ich befinde mich gegenwärtig sehr wohl, auch meine
Frau und mein am 21. Aug. geborener Joseph, dem ich bald von Ihnen,
lieber Olbers, erzählen werde. Ich würde Ihnen die Nachricht von
seiner glücklichen Ankunft, woran Sie gewiss herzlichen Antlieil nehmen,
schon früher gegeben haben, wenn ich nicht erst auf die Nachricht von
Ihrer Rückkehr gewartet hätte. Es ist ein gesundes, wohlgestaltetes
und rühriges Kind, und fängt nachgerade an, auch mit andern Sinnen,
als der Zunge, von der äussern Welt Notiz zu nehmen.
Ich arbeite jetzt fleissig an meinem Werke, der Theorie der Be
wegung der Himmelskörper nach den KEPLER’schen Gesetzen. Ausser
einer Einleitung, die ganz, und mehreren ziemlich bedeutenden, dem Werke
beizufügenden Tafeln, die fast ganz vollendet sind, habe ich auch schon
einen guten Theil vom Buche selbst zu Papiere gebracht. Ich stehe
jetzt dabei am 7. Bogen. Es finden sich indess bei der Ausarbeitung
noch so mancherlei kleine Untersuchungen, die ich vorher nicht mit in
Anschlag gebracht habe, dass das Ganze wohl etwas stärker werden
möchte, als ich anfangs geglaubt hatte; es möchte jetzt wohl auf 25
bis 30 Bogen anwachsen. So habe ich z. B. von der mir eigentüm
lichen Methode, die Bewegung in der Ellipse und Hyperbel auf die
Parabel zu reduciren (wovon ich Ihnen bei Ihrem Hiersein schon einiges
gesagt zu haben glaube, und die auch schon mit unter dem fertigen
Theile ist) eine Untersuchung vorausschicken zu müssen geglaubt, was
für einen Grad von Genauigkeit man beim Gebrauche der gewöhnlichen
indirekten Methode mit Tafeln auf 7 Decimalen erreichen kann, wenn
man bei der Rechnung alle mögliche Schärfe anwendet. Vielleicht ist
Ihnen das Resultat nicht ganz uninteressant:
-UH