320
Gauss an Olbers. Braunschweig, 1807 Januar 27.
No. 155. Gauss an Olbers. [73
Braunschweig, 1807 Januar 27.
Heilte komme ich mit einer Bitte zu Ihnen, und werde mich daher
bloss über meine gegenwärtige Beschäftigung mit Ihnen unterhalten,
auf welche jene sich bezieht.
Ich habe Ihnen, glaube ich, schon in meinem letzten Briefe ge
schrieben, dass ich das Wesentlichste meiner Methode, die Bahnen der
Himmelskörper zu bestimmen, für mein Werk schon ausgearbeitet hatte,
und schon anfing, die drei von der Juno, Pallas und Ceres hergenommenen
Beispiele einzutragen. Ob ich gleich mit diesen Beispielen nun auch
fertig bin, so leidet jetzt jene Nachricht doch eine Modifikation, denn
seit der Zeit (am 21.) bin ich auf einen sehr wichtigen Zusatz ge
kommen, wodurch die Zahl der Hauptgegenstände um noch einmal
vergrössert wird. Bisher sah ich nämlich als das vornehmste Problem
meines Werks das an, „aus drei vollständigen Beobb. die Bahn zu be
stimmen, wenn man von dieser noch gar nichts weiss“, und dieses Problem
muss auch immer das vornehmste bleiben. Allein in diesen Tagen ist
es mir gelungen auf eine gleichfalls sehr leichte und zierliche Manier
auch das Problem aufzulösen, „aus vier Beobb., wovon aber nur zwei
vollständig sind, eine noch ganz unbekannte Bahn zu bestimmen“. Be
kanntlich ist das erstere Problem zur Bestimmung einer Bahn absolut
unbrauchbar, wenn dieselbe gegen die Ekliptik nicht geneigt ist, und
daher kann auch eine nur sehr wenig geneigte Bahn nicht mit Schärfe
dadurch bestimmt werden. In diesem Falle muss man also nothwendig
vier Beobb. zu Grunde legen. Ist dann nur erst die Bahn ganz aus
dem Groben bestimmt, so hat dies genaue Anpassen keine Schwierigkeit
und bedarf weiter keiner neuen Hülfsmittel. Allein zu der ersten
rohen Bestimmung wusste ich meinen Lesern bisher nicht viel mehr zu
geben, als den Rath, durch Probiren dahin, zu gelangen, ungefähr wie
La Caille die Kometenbahnen bestimmte, obwohl ich allerdings einige
Mittel angeben konnte, dieses Tatonnement zu leiten. Ich glaubte,
mich dabei schon deswegen beruhigen zu können, weil jener Fall doch
immer nur als specieller Fall betrachtet werden muss. Indessen würde
dies doch immer ein Flecken oder wenigstens ein Mangel geblieben
sein, und ich freue mich daher sehr, dass ich demselben jetzt durch
eine sehr geschmeidige Auflösung jener Aufgabe habe abhelfen können.
I ebrigens versteht sich von selbst, dass die Auflösung dieses Problems
(eben so wie die des ersten) nicht von ganz allgemeiner Anwendbarkeit
ist, sondern einige Einschränkungen voraussetzt: am zweckmässigsten
sind vier Oerter, die