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Gauss an Olbers. Gottingen, 1807 December 6.
zu Hause, meine Frau hat freilich etwas Heimweh, iudess wird sich
dies schon geben, wenn einige Bekanntschaften erst inniger geworden
sind, und das bisher wirklich ganz abscheuliche Wetter, das uns zu
sehr auf unsere ziemlich schlechte interimistische Wohnung beschränkt,
von einem freundlichen Himmel abgelöst ist; mein Joseph ist ganz
heimisch, läuft jetzt endlich und entwickelt seine leiblichen und
geistigen Talente zusehends. Meine älteren Bekannten unter meinen
Kollegen, Heyne, Blumenbach, Mayer, Heeren, Himly, Beuss, Harding,
sind alle wohl und haben mich freundschaftlich empfangen. Heyne war
am 28. Nov. zum ersten Male nach einer Unpässlichkeit in der Societät.
In diesen Tagen wird eine Deputation nach Kassel abgehen, wo der
König täglich erwartet wird. Meine pekuniären Angelegenheiten in
Braunschweig habe ich zwar nicht ins Reine bringen können, indess
bin ich durch die hier sogleich erfolgte Auszahlung des Reisegeldes
vor Verlegenheit gedeckt. Die erste Hälfte des Manuskripts meines
Opus habe ich noch von Braunschweig nach Leipzig geschickt , auch
habe ich bereits Nachricht von der richtigen Ankunft und sehe Breit-
kopf’s Versprechen zufolge täglich den ersten Revisionsbogen ent
gegen. Zach’s und Cagnoli’s Stern Verzeichnisse habe ich seit kurzem
erhalten, diese schönen Werke werden mir bei meinen praktischen Be
schäftigungen sehr gute Dienste leisten. Meine kleinen Aberrations
und Nutationstafeln. die ich doch noch immer für bequemer halte, als
die beiden ZACH’schen Generaltafeln, habe ich nach den neuern Angaben
umgegossen; sollte sich nicht bald Gelegenheit finden, sie drucken zu
lassen, so werde ich Ihnen eine Kopie davon besorgen.
Dieser Tage habe ich mir eigne Formeln zum Behuf der Reduktion
von Kreismikrometerbeobb. mit Rücksicht auf Refraktion entwickelt,
die mir vorzüglich geschmeidig scheinen; ich werde sie Ihnen über
reichen, sobald ich eine dazu gehörige Hülfstafel berechnet habe. Bessel’s
wirklich zum Erstaunen skrupulöse Arbeit über den Kometen 1769 im
Jahrbuch für 1810 habe ich neulich gelesen. Ich freue mich, dass die
selbe von unserem unermüdeten Freunde gemacht ist, ich würde diesen
Grad von Sorgfalt nicht darauf gewandt haben. Einiges ist mir darin
noch nicht klar (wiewohl ich sie nur erst etwas flüchtig gelesen habe),
z. B. die Art, wie die Tabelle für die Refraktion berechnet ist, ich
glaubte aus der vielleicht etwas dunkel ausgedrückten Erklärung
pag. 100 schliessen zu müssen, dass sein a = Refraktion x tang alt. ver.
sei; allein dies trifft bei den kleinern Höhen nicht zu. In den Formeln
(auch sonst in den Tafeln) scheinen mehrere Druckfehler zu sein. Irre
ich nicht, so lassen sich diese Formeln auch noch geschmeidiger geben.
Ueber den Kometen habe ich hier noch gar nichts arbeiten können,
als die Vergleichung meiner Elemente mit Harding’s Beobb. vom 20.