Full text: Wilhelm Olbers (2. Band, 1. Abtheilung)

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Olbers an Gauss. Bremen, 1810 Februar 27. 
lieb wieder in einem Examen zu prüfen Gelegenheit gehabt. Ausser 
sehr geschwinden Ausrechnungen im Kopf, zog er Kubikwurzeln sehr 
leicht aus, und löste Gleichungen des ersten Grades mit vieler Fertig 
keit auf. Auch demonstrirte er mir den Magister Matheseos, auf den 
er aber besonders geübt schien. Hingegen den Satz, dass die 3 Winkel 
eines Dreiecks 2 Hechten gleich sind, konnte er mir nicht beweisen, 
ob ich ihm gleich durch Zeichnung der Figur zur Hülfe kam. Vielleicht 
ist der an sich gute Unterricht des Lehrers dem ausgezeichneten Genie 
dieses Knaben nicht angemessen. 
Meine Frau und Kinder grüssen insbesondere auf’s Herzlichste. 
Schreiben Sie mir doch ja bald, lieber Gauss, dass mein Pathchen ganz 
wieder hergestellt ist, — Meine Tochter sieht ihrer Niederkunft ent 
gegen. 
No. 227. Olbers an Gauss. [125 
Bremen, 1810 Februar 27. 
Ich kann die Gelegenheit, dass der Mechanikus Kraut nach Göt 
tingen geht, nicht vorbeilassen, ohne Ihnen wenigstens mit ein paar 
Worten zu sagen, dass ich und die Mehligen wohl sind und Sie noch 
immer herzlich lieben und verehren. Schon lange habe ich nach einigen 
Zeilen von Ihrer Hand verlangt, um auch von Ihrem und Ihrer lieben 
Kinder Ergehen einige Nachricht zu haben. Auch Besser, der kürz 
lich von einer kleinen Exkursion nach seiner Vaterstadt und Familie 
zurückgekommen ist, wusste mir nichts davon zu sagen. Hoffentlich 
sind die Folgen der Masern (die sich hier nur sehr sparsam gezeigt 
haben) bei Ihren kleinen Lieblingen ganz wieder vorüber. 
Einen älteren, mir von Bessel mitgetheilten Brief, 1 ) der die schöne 
Auflösung des Problems der in ein Viereck zu beschreibenden grössten 
Ellipse enthält, rechne ich nicht hierher, soviel Vergnügen mir auch 
sein Inhalt gemacht hat, 
Die jetzt in Ansehung astronomischer Entdeckungen so unfrucht 
bare Zeit wirkt auch nachtheilig auf unsern Briefwechsel. Hoffentlich 
wird es doch mal wieder besser werden, sowohl auf der Erde als in 
astronomischen Angelegenheiten. Mit dem Frühjahr denke ich wieder 
einige Beobb., wenn auch nur Sternbedeckungen, vorzunehmen, da mich 
wiederholte Erfahrung überzeugt hat, dass ich im Winter ohne nacli- 
*) Es ist gemeint der Brief von Gauss an Bessel von 1810 Jan. 7, Briefwechsel 
No. 46. Vergl. auch Briefwechsel Gauss-Schumacher, I, S. 26 f., 30 bis 82. Sch.
	        
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