Olbers an Gauss. Bremen, 1810 April 10.
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muss inzwischen dieses Verhältnis noch ein strenges Geheimnis bleiben,
und nur Ihnen ganz allein habe ich es hierdurch vertraut.
Ueber den Bau unserer neuen Sternwarte und über den Gang,
den meine Unterhandlungen wegen L[eipzig], noch nicht ganz beendigt,
genommen haben, schreibe ich Ihnen nächstens einmal mehr.
Ostern, liebster Freund, werde ich wohl um so mehr bloss in Braun
schweig zubringen können, da ich schwerlich mehr als 14 Tage von
hier werde abwesend sein können. Ich denke meine ganze Familie
mit dahin zu nehmen.
Meiner innigen Theilnahme an Ihren grossväterlichen und Ihrer
Doris mütterlichen Freuden brauche ich Sie nicht erst zu versichern.
Ich muss jetzt eilig schliessen, um Kraut diesen Brief noch zu
stellen zu können.
No. 229. Olbers an Gauss. [m
Bremen, 1810 April 10.
Soeben erhalte ich durch den Mechanikus Kraut Ihren Brief. Sein
Inhalt hat mich so erfreut, dass ich nicht umhin kann, Ihnen sogleich
mit wenigen Zeilen für die frohe Nachricht zu danken, die Sie mir
mittheilen und so freundschaftlich mittheilen. Ja, lieber Gauss, schon
seit mehreren Monaten war es mein angelegentlicher Wunsch, dass
Ihnen bald die Nothwendigkeit einleuchten möge, Ihren Kindern wieder
eine Mutter, und sich selbst wieder eine häusliche Freundin und Lebens
gefährtin geben zu müssen. Dank der Vorsehung, dass sie es so leitete,
hier den Wunsch Ihrer Vaterliebe und das Bedürfniss Ihres Herzens
zugleich erfüllen zu können. — Ich, lieber Freund, war ja mit Ihnen
ganz in derselben Lage, und ich kann Ihnen nichts mehr wünschen,
als dass Ihre zweite Verbindung ganz so glücklich sein möge, als ich
es dankbar von der meinigen rühmen kann. — Sehr leid timt es mir
nur, dass ich Sie dies Frühjahr nicht selbst sehen, mich nicht selbst
wieder mit meinem, nun wieder verheiratheten Freunde freuen soll. Ich
holte, lieber Gauss, Sie holen es im Sommer oder im Herbste nach
und machen mich mit Ihrer künftigen Freundin und diese mit unserem
Bremen bekannt.
Ueber Ihre künftigen Projekte, Ihr Bleiben oder Nichtbleiben
in Göttingen, wünsche ich bald etwas Zuverlässiges zu hören. Man
sagte mir gestern sehr bestimmt, Sie hätten einen dringenden und an
nehmlichen Ruf nach Berlin, also wahrscheinlich an die Akademie.
Dies möchte sehr gut sein, nur giebt die vielleicht etwas prekäre Lage
des so gesunkenen preussischen Staates zwischen den übermächtigen
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