Gauss an Olbers. Göttingen, 1810 November 26.
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wenig- Interesse für mich gehabt hatte, und dass selbst der Preis von
6000 Francs mich kaum dazu hätte anlocken können. Jetzt habe ich
indess jene Arbeit niuthig unternommen, und nachdem ich 4 Wochen den
grössten Theil meiner disponiblen Zeit dazu angewandt habe, die Haupt
sache abgethan, so dass ich, wenn nicht Hauptfehler in meiner Rech
nung sind, bald die Früchte davon zu pflücken hoffen darf. Ich habe
es am zweckmässigsten gehalten, die Elemente als veränderlich zu be
trachten, und ihre täglichen Aenderungen durch Jupiter von 50 zu 50
Tagen durch einen Zeitraum von mehr als 8 Jahren zu berechnen.
Ich fing damit an, mir selbst Formeln dazu zu entwickeln, oder viel
mehr die schon vor mehreren Jahren von mir entwickelten in die mög
lichst geschmeidige Gestalt zu bringen; denn die La PLACE'schen hielt
ich für viel zu unbequem, und ich hätte bei Anwendung der letzteren
gewiss zwei- bis dreimal so viel Zeit nöthig gehabt als bei den mehligen.
Die Jupiterörter berechnete ich nach den BouvAKD’schen Tafeln (mit
Anwendung eines besonderen Kunstgriffs) und die Pallasörter nach
einem 4. System von Elementen, das an alle Oppositionen sich mög
lichst genau anschliesst. Jene 61 täglichen Aenderungen der einzelnen
sechs Elemente habe ich nun endlich heute vollendet, so dass tlieils
noch die mechanische Integration (die nicht viel mehr als Addiren ist),
tlieils die neue Berechnung der Grundelemente, die mit den so sich
ergebenden Störungen verbunden die Oppositionen am besten darstellen,
übrig bleibt. Diese Störungen sind viel beträchtlicher, als ich dachte,
und besonders überwiegend stark im Jahre 1809, wo Jupiter mit der
Pallas in heliocentrischer Konjunktion war, daher ich glaube, dass meine
Ephemeride in der nächsten Opposition sehr viel abweichen wird. Hak-
din(x hat neulich die Pallas gesucht, weiss aber noch nicht gewiss, ob
er sie gefunden hat; sollten Sie sie beobachten, so verbinden Sie mich
sehr durch baldige Mittheilung. Die tägliche Bewegung wird jetzt mehr
als 2" grösser sein als 1803; der Winkel q?, welcher beständig ab
genommen hat, wohl 13' kleiner, das Perihel ist auch wohl um 20' oder
30' zurückgegangen etc. Sollte die Uebereinstimmung mit den sechs
bisherigen Oppositionen und der siebenten des nächsten Jahres zu meiner
Satisfaktion ausfallen, so unternehme ich vielleicht auch die allgemeine
Theorie, obwohl das ungeheuer viele mechanische Rechnen dabei sehr
abschreckend ist. Die Störungen durch Jupiter sind so überwiegend,
dass man die durch die andern Planeten vorerst noch bei Seite setzen
kann.
Herr von Lindenau hat sich endlich doch bewegen lassen, die
M. C. noch fortzusetzen. Ich freue mich, durch meine Vorstellungen
dazu beigetragen zu haben.
Die Hoffnung, mit welcher ich mir wohl geschmeichelt hatte, nächste