Gauss an Olbers. Göttingen, 1815 Juli 10.
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Am 12. und 30. Juni liegen meine, am 27. Juni Ihre Beobb. zu
Grunde. Da der Fehler in drei Tagen nicht 46” gewachsen sein kann,
so mag in einer der beiden letzten Beobb. irgend ein Fehler sein.
Meine Beob. vom 30. hielt ich für sehr gut, insofern die Sterne gut
bestimmt seien. Ich glaube, dass jetzt die Umlaufszeit nur noch ein
paar Jahre ungewiss sein kann.
Unter den jungen Männern, die ich genauer kenne, wüsste ich nur
zwei für Mannheim in Vorschlag zu bringen, Gerling und Nicolai.
Ich glaube, dass, wenn man mit S[chl t macher] unzufrieden gewesen ist,
die Quelle davon in seinen zu grossen Prätensionen lag, worüber ich
mich schon früher einmal gegen Sie geäussert zu haben erinnere. An
Einsicht fehlt es ihm gewiss nicht. — Gerling und Nicolai haben
beide wackere Kenntnisse, und letzterer wird sich auch als Mathe
matiker einmal auszeichnen. Er (N[icolai]) nimmt sich auch in See
berg der Beobb., wie ich selbst gesehen habe, vortrefflich an, doch hat
vielleicht Gerling für das praktische noch mehr Behäbigkeit, wenn
er gleich N[icolai] in Rücksicht der Theorie nachsteht. Beide würden
übrigens durch diese Stelle höchst glücklich werden. Nicolai hat den
Vortheil zu seiner Empfehlung, dass er zwei Jahre an einer berühmten
Sternwarte gestanden hat. Um Gerling’s willen thut es mir leid,
dass ihm eine solche Empfehlung fehlt, er hat die grösste Neigung zur
Astronomie und versauert in Cassel an seinem A-B-C-Unterricht. Un
glücklicherweise hat er sich die Möglichkeit, durch eine Adjunkten
stelle, wie die von N[icolai] bisher bekleidete, sich den Weg zu künf
tiger Beförderung zu bahnen, durch seine Heirath versperrt oder er
schwert. Lindenau schrieb mir, dass er zwar Nicolai ungern verlieren
würde, aber sich nicht ableugnen könne, dass dieser die grössten An
sprüche auf die Mannheimer Stelle habe. Horner soll, wie ich höre,
die Stelle in Mannheim, die ihm angeboten sei, abgelehnt haben.
Nicolai mag übrigens wohl vier Jahre jünger sein als Gerling.
Ich weiss nicht, ob ich Ihnen schon geschrieben habe, dass ich
den REPSOLD’sclien Kreis hierher bekommen werde. Er soll keines der
übrigen grossen Instrumente entbehrlich machen, sondern es soll dafür
bloss das zweite (kleine) Passage-Instrument wegfallen, das ich von
Anfang an für sehr überflüssig gehalten habe. Hoffentlich werde ich
dies Instrument schon im Herbst aufstellen; das eine Zimmer der Stern
warte soll zu dem Behuf früher ausgebaut werden. Meine künftige
Wohnung rückt auch allmählich weiter fort; ich zweifle aber, ob ich
sie vor Ostern 1817 werde beziehen können.