Full text: Wilhelm Olbers (2. Band, 1. Abtheilung)

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Olbers an Gauss. Bremen, 1816 April 15. 
Ihr gütiges Erbieten, mir die Mailänder Epliemeride von 1816 zu 
überlassen, würde ich mit dem grössten Vergnügen annehmen, wenn ich 
sie nicht selbst posttäglich von unserm Freund Lindenatt erwartete. 
Sollte Hr. v. L[indenau] diesen Jahrgang noch nicht für mich besorgt 
haben, wie er versprochen hat, so würden Sie mich sehr verpflichten, 
wenn Sie mir denselben schicken wollten. 
Der zweite Theil der Philos. Trans, für 1815 ist hier angekommen. 
Ausser Lee’s Abhandlung über zerstreuende Kraft der Atmosphäre ent 
hält er bekanntlich Herschel’s vollständige Sammlung der Beobb. über 
die Uramistrabanten und Pond’s über die Polardistanz und eigene Be 
wegung von 30 Fixsternen. — Man sieht aus Herschel’s Abhandlung, 
wie schwer es ist, diese kleinen Satelliten zu beobachten. Auch noch 
jetzt ist eigentlich nur über zwei etwas Näheres und Gewisses bekannt. 
Doch scheint es, dass noch vier oder fünf andere um den Uranus revol- 
viren. — Den Sh setzt H[erschel] jetzt in 5 S 15°30' und die Neigung, 
die man vormals fast perpendikulär glaubte, 79°. Aber H[erschel] 
fährt fort, ihre Bewegung für rückläufig zu halten. Ich sehe dazu gar 
keinen Grund. Es ist uns beim Uranus schlechterdings unmöglich, zu 
wissen, ob der Satellit sich im oberen oder unteren Theile seiner Bahn 
befindet, wenn er von der Erde erblickt wird; und je nachdem man 
die eine oder die andere Voraussetzung gelten lässt, werden wir die 
Bewegung der Trabanten rückläufig oder gradläufig finden. Ich dachte, 
die Analogie müsse uns hier das letztere am glaublichsten machen. 
Dann gehört jene angegebene Länge nicht für Sh, sondern für \U. 
Pond findet seine Dekl. auch in diesem Jahrgang mit den vorhin 
gegebenen so übereinstimmend, dass sie nirgends mehr als davon 
abweichen. Ich weiss wohl, dass ich über praktische Astronomie gar 
keine Stimme habe, gar nicht uVtheilen kann; aber nach unsern bis 
herigen Erfahrungen möchte ich bloss daraus schliessen, dass dasselbe 
an sich vorzügliche Instrument, unter denselben Umständen und mit 
derselben Sorgfalt behandelt, im Mittel immer sehr nahe dasselbe Re 
sultat giebt, ohne dass desswegen auch jene Dekl. bis auf ^ Sekunden 
zuverlässig sind. Da Pond's verminderte Polhöhe von Greenwich mir 
hauptsächlich auf der Zenith-Distanz von y Draconis zu beruhen scheint, 
so möchte ich gern die Zenith-Distanz dieses Sterns auch für die mit 
vorzüglichen Messinstrumenten versehenen Sternwarten des nördlichen 
Kontinents, Paris, Göttingen, Königsberg, Mannheim u. s. w. kennen. Die 
\ ergleichung mit den Unterschieden der angenommenen Polhöhen würde 
zu interessanten Bemerkungen und Betrachtungen Anlass geben. — Die 
eigene Bewegung der Sterne, die Pond aus Vergleichung seiner Beobb. 
mit Bradley ableitet, beruht natürlich auf der angenommenen Grösse 
der Präcession. Da die von ihm gefundene eigene Bewegung fast immer
	        
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