Full text: Wilhelm Olbers (2. Band, 1. Abtheilung)

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Gauss au Olbers. Göttingen, 1817 Februar 15. 
noch 4 Monate nöthig haben werde. Bald sind diese nun abgelaufen, 
aber ich fürchte, dass er sich noch eine neue Frist ausbitten wird. 
Dazu das entsetzliche Wetter. Seit 3 Monaten, dass die ÖHELTON’sche 
Pendeluhr aufgestellt ist, haben höchstens drei oder viermal korrespon- 
dirende Sonnenhöhen genommen werden können. Ihr Gang hatte sich 
täglich hier um 15 s geändert, und das ganze Resultat jener Sonnen 
höhen ist nun, dass es mir geglückt ist, der Uhr wieder einen täglichen 
Gang von einem Bruchtheil einer Sekunde zu geben. Den kleinen 
REicHENBACH’schen Repetitionskreis hatte ich auseinander genommen, 
um ihn zu reinigen. Einige wenige Sonnen- und Polarsternbeobb., die 
ich seitdem anstellen konnte, zeigten sonderbare Anomalien, und seit 
dem ich die wahrscheinliche Ursache davon abgestellt habe, ist es auch 
noch nicht ein einziges Mal möglich gewesen, etwas am Himmel zu 
beobachten. Indessen habe ich doch ein Experiment gemacht oder viel 
mehr zu machen angefangen, welches ein, wie ich hoffe, nicht unwich 
tiges Resultat liefern wird. Ich habe nämlich jetzt grosse Ursache zu 
glauben, dass der früher von mir gefundene Unterschied der Polhöhe 
aus dem Polarstern und der Sonne, wenn angenommen wird, dass letz 
tere einen grössten Kreis beschreibt, wo nicht ganz, doch grösstentheils 
einer Beugung des Objektivtheils des Fernrohrs zuzuschreiben ist, welche 
durch ein ringförmiges vorgestecktes Gegengewicht (zur Balancirung 
der mit einem Glasprisma versehenen Okularröhre) entsteht. Ein sehr 
einfaches Experiment überzeugte mich von dem Dasein dieser Beugung. 
Anstatt jenes Gegengewicht vorzustecken, hängte ich es vermittelst eines 
Fadens an der Objektivseite des vorderen Fernrohrs auf, sogleich senkte 
sich (scheinbar wegen Umkehren des Fernrohrs) ein Objekt, auf welches 
die Gesichtslinie vorher scharf gerichtet war, stark unter den Faden. 
Allein, diese Aenderung ist nur zum kleinsten Tlieile Biegung des Fern 
rohrs; denn am hinteren Fernrohr, dessen Gesichtslinie ich die Vor 
sicht gebraucht hatte auf dasselbe Objekt zu stellen, zeigte sich das 
selbe Phänomen, so viel sich schätzen liess, in gleicher Grösse. Jenes 
Gewicht hatte also auf den ganzen Kreis gewirkt, und diese Wirkung 
ist unschädlich. Sie hätte auch an der Libelle erkannt werden können, 
welche ich aber nicht zu diesem Zwecke an wandte, da ich allein war, 
und meinen Platz hätte verändern müssen, was nicht rathsam war, 
weil jetzt der Kreis noch nicht vom Fussboden isolirt ist. Ich brachte 
nun durch Bewegung des ganzen Kreises das Objekt wieder auf den 
Faden des hinteren Fernrohrs, und was nun das Wesentliche ist, es 
kam dadurch nicht ganz wieder auf den Faden des vorderen Fernrohrs 
zurück. An den Indicibus konnte ich keine Veränderungen erkennen. 
Ich kann also dies Phänomen nur einer Biegung des vorderen Theils 
des Fernrohrs durch das Gegengewicht zuschreiben, und Täuschung fand
	        
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