Full text: Wilhelm Olbers (2. Band, 1. Abtheilung)

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Gauss an Olbers. Göttingen, 1817 December 8. 
Sommers von Hamburg bis zur Insel Alsen etwa Grad triangulirt. 
Als er von liier abreiste, hatten wir verabredet, dass er in Hannover 
den Grafen Münster besuchen und diesen auf das Interesse, welches 
eine Fortsetzung der Messung durch das Königreich Hannover haben 
würde, aufmerksam machen [solle]. Den Grafen M[ünster] hatte er in 
Hannover nicht mehr anwesend gefunden, aber dagegen unsern Kurator, 
den trefflichen Arnswaldt besucht, der Schumacher’s Mittheilungen 
mit vielem Interesse aufgenommen hatte, und der später im Sept., als 
er von Wiesbaden hier durchreiste, mir auftrug, ihm ein schriftliches 
Memoire darüber einzureichen. Da mir dazu mehrere Notizen von 
Schumacher nöthig waren, und dessen Antwort auf meine Anfrage 
verloren gegangen war, so hat das Hin- und Herschreiben die Sache 
verzögert, und ich habe erst in diesen Tagen von Schumacher die ver 
langten Notizen 1 ), das Oekonomische seiner Unternehmung betreffend, 
erhalten, und werde nun nächstens das mir aufgegebene Memoire auf 
setzen. 
In dieser Beziehung ist mir das, was Sie mir von der Fortsetzung 
der englischen Gradmessung schreiben, höchst interessant. Würden die 
Dreiecke bis etwas über Göttingen hinaus, etwa zum Meissner oder bis 
Mühlhausen fortgesetzt, so könnten Zach’s wenige Dreiecke durch Lin- 
denau vollständig gemacht werden, um sich an die bayrischen Dreiecke 
anzuschliessen, und leicht würde also eine zweite Gradmessung von der 
Nordspitze von Jütland bis Tyrol zu erhalten sein, die sich sehr ehrenvoll 
neben die französische stellen und gewiss viele interessante Aufschlüsse 
geben würde. In Zukunft würde vielleicht eine weitere Ausdehnung 
bis an das Mittelländische Meer auszuführen sein. Sollten Sie, theuerster 
Olbers, sonst Mittel haben, dies Projekt auch in England zu unter 
stützen, so bedarf es von meiner Seite keiner besonderen Bitte desslialb. 
Gleichfalls sehr interessant ist mir die Aussicht einer vielleicht 
allgemeinen Einführung des französischen Maasssystems. Höchst be 
quem finde ich dieses System, und ich bediene mich desselben gern 
überall, und glaube, dass alles oder das meiste, was man gegen all 
gemeine Einführung gesagt hat, auf Vorurtheilen beruht. Nur bei den 
allerfeinsten Messungen, glaube ich, entstehen grosse Inkonvenienzen aus 
der Einführung eines natürlichen Maasssystems, und man muss daneben 
immer irgend ein Maassindividuum haben. Wenn z. B. im Jahr 1900 in 
irgend einem A\ elttheile eine neue Gradmessung ausgeführt wird, so darf 
man den A\ erth des Grades nicht nach Metern angeben, weil jede Grad- 
messung direkt oder indirekt den Zweck hat, das Meter zu suchen; 
giebt man ihn nach Metern an, so bedeutet das Meter nicht 1 
9 Der Brief von Schumacher ist datirt: Lyssabel, 1817 Nov. 16. 
Sch.
	        
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