Gauss an Olbers. Göttingen, 1818 Juni 24.
701
Das Reichenbach sehe Passage-Instrument ist zwar angekommen, wird
aber schwerlich vor Aug. aufgestellt sein, denn hier zu Lande baut man
etwas langsam. Ich habe das Fernrohr noch nicht zusammengesetzt
und kann also dessen Güte noch nicht durch Erfahrung bestätigen.
Ich zweifle aber nicht, dass es das RepsolivscIic bedeutend übertreffen
wird, an Lichtstärke, da jenes 52 par. Lin. reine Oeffnnng hat, dieses
nur 46, und an Präcision, da letzteres aus englischem, nicht streifen
freiem Flintglase geschliffen ist, so dass bei Nacht die hellen Fixsterne
nicht ganz rund, sondern etwas länglich erscheinen. Kleine Sterne
erscheinen jedoch bei Nacht wie feine Punkte, und bei Tage sind die
Sterne sehr schön; auch Sterne 3. Grösse beobachtete ich meistens
leicht bei Tage. Kann Hr. Repsold Benediktbeurisches Flintglas sich
verschaffen, so wird er mir noch ein ganz neues Objektiv schleifen,
welches dann gewiss nichts zu wünschen übrig lassen wird.
Welche planetarische Nebelflecke empfehlen Sie mir besonders?
Ich gestehe, nie einen gesehen zu haben. Einmal hatte ich auf einen
gerichtet, der in der Nähe des Uranus stehen und nach Herschel 30"
im Durchmesser halten sollte, ich konnte aber nichts erkennen. Vielleicht
war die Luft auch etwas ungünstig, denn Harding, der ihn später mit
dem ÜERSCHEL’schen Teleskop suchte, sagte mir, er habe ihn auch nicht
finden können. Ist es vielleicht ein Schreibfehler, wenn Sie rathen, die
Kulmination um 6 Uhr Abends und Morgens zu beobachten, wo mir
deucht die Aberration nahe =0 ist? Gäbe es solche, die näher nach
dem Pole zu ständen, so dass man sie beinahe zu jeder Jahreszeit wenig
stens in einer Kulmination beobachten könnte, so wären sie wohl die
zweckmässigsten. Aber gar zu blass dürften sie nicht sein, wenigstens
für den REPSOLD’schen Kreis, wo die Beleuchtung für ganz schwache
Objekte schwer zu treffen ist, und wo selbst die Feinheit der Fäden in
solchen Fällen etwas nachtheilig ist.
Eine Revision der Hist. Cel. halte ich mit Ihnen für ein nützliches
Unternehmen. Viele glänzende Ausbeute ist aber wohl nicht davon zu
erwarten, da das meiste der Art schon durch Harding’s Revision hat
oder hätte gefunden sein können. Dass der REPsoLD’sche Kreis zu
einem solchen Geschäft, insofern es ins Grosse gehen soll, nicht ganz
das angemessenste Instrument ist, darin stimme ich Ihnen bei, aber die
Anschaffung eines achromatischen Fernrohrs am M[auer]-Q[uadranten], die
mit Zubehör wenigstens 500 Thlr. kosten würde, könnte ich wenigstens
jetzt noch nicht gut in Vorschlag bringen, da ich meinen Vorschlag, den
REPSOLD’schen Kreis anzukaufen, zum Theil mit auf das Entbehrlich
werden jener Ausgabe gestützt hatte. Uebrigens habe ich jetzt auch
gar keine jungen Leute hier, die ich zu einem solchen Geschäftsbräuchen
könnte. Mir deucht, am leichtesten würde es gehen, wenn viele Astro