Full text: Wilhelm Olbers (2. Band, 1. Abtheilung)

Gauss an Olbers. Göttingen, 1818 September 24. 
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nicht gleich. Ueberhaupt ist auch die Beleuchtung etwas unvollkommen, 
welchem sich aber in Zukunft abhelfen lassen wird. Das Reichen- 
BACH’sche M[ittags]-F[ernrohr] habe ich nun auch aufgestellt, es fehlt aber 
noch allerlei, so dass meine Beobb. eigentlich noch keinen Werth haben und 
nur als vorläufige anzusehen sind. Ich beobachte daher jetzt eigentlich 
nur den Nordstern bei Tage, um die Fadenintervalle zu erhalten. Diese 
sind nur 10,3" im Aequator und die Anzahl der Fäden 7. Die Fäden 
selbst sind zwar auch von meinen Antagonisten, den Spinnen, aber viel 
gröber als die REPsoLD’sclien, ausserdem ist die Beleuchtung gleich 
förmiger und die optische Kraft des Fernrohrs bedeutend grösser. Es 
hat daher eben keine Schwierigkeit, die Pallas zu observiren, so wie 
die Nebulosa Aquarii, was im REPsoLnsclien Instrument nicht geht, 
wenigstens meinen Augen mehrere Male misslang. Ich habe mehrere 
Abende den 4/6 NaiiM’wtrabanten am P[assage]-I[nstruinent] bei guter 
Beleuchtung mit observirt. Die optische Wirkung dieses Instruments ist 
wahrhaft prachtvoll, ß Ursae min. zeigt sich bei Tage ungefähr wie 
$ dem blossen Auge in der Abenddämmerung, a L'ibrae beobachte ich 
noch jetzt bei Tage, womit ich an Repsold’s Kreise schon seit vier 
Wochen auf hörte, a Herculis zeigt sich noch immer sehr schön als 
Doppelstern etc. Zum Stellen ist dieselbe Einrichtung wie am Green 
wicher P.-L, nämlich am Fernrohr ein Kreis mit einer Libelle; bis jetzt 
finde ich jedoch diese Einrichtung zeitraubender als die gewöhnliche, 
wo man nur eine Operation hat, so wie hier zwei. Kleine Sterne 
bei Tage mit der stärksten Vergrösserung, die nur 9' Feld hat, 
verfehle ich noch öfters. Uebung wird hier wohl helfen. Reichen 
bach verspricht auch den Meridiankreis noch in diesem Jahre zu 
vollenden. Hätte ich nur erst noch eine Uhr, die der SHELTON sdien 
gleich käme! Vorläufig steht nun Harding’s Uhr von Hannike beim 
P.-I., die freilich mit der herrlichen SHELTON’schen sich nicht messen 
kann; ich werde sie aber nach meiner Zurückkunft Umtauschen und 
jene in das Zimmer des REPSOLn’schen Kreises stellen und erwarten, 
wie die, woran Liebherr noch immer arbeitet, ausfallen wird. V ie 
freue ich mich darauf, mit Ihnen im nächsten Jahre den Genuss dieser 
Instrumente zu theilen. 
Von unserer astronomischen Zeitschrift habe ich seit dem ersten 
Hefte dieses Jahrganges noch nichts gesehen, und nur aus dem Morgen 
blatt sehe ich, dass im zweiten Heft eine Nachricht von Hornemann's 
Tode sich befindet. 
Erfreuen Sie mich doch, theuerster Olbers, bald einmal wieder 
mit einigen Zeilen. Die Dauer meines Aufenthaltes in Lüneburg kann 
ich zwar nicht bestimmen, da sie mit vom V etter abhängen wird, doch 
bin ich gewiss, dass Briefe, die nicht später als etwa den 8. Okt. poste 
45*
	        
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