Gauss an Olbers. Göttingen, 1819 Februar 22.
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mination beobachtet sein wird, womit ich jetzt bei der ersten Reihe
anfange. Es ist eine viel Zeit kostende Arbeit, die aber nothwendig
scheint; mn die Reduktion zu erleichtern, die sonst fast noch mehr Zeit
kostet als die Beobb. selbst, habe ich mir besondere Aberrations- und
Xutationstafeln berechnet, die einige Aehnlichkeit mit den BESsEi/schen
haben, aber für meinen Zweck bequemer sind.
Auch bin ich jetzt mit einer neuen Begründung der sogenannten
Methode der kleinsten Quadrate beschäftigt. Meine erste Begründung
setzt voraus, dass die Wahrscheinlichkeit des Beobachtungsfehlers x
durch e ~ hhxx dargestellt werde, wo denn jene Methode nach aller
Strenge und in allen Fällen die wahrscheinlichsten Resultate giebt. Ist
das Gesetz der Fehler unbekannt, so ist es unmöglich, die wahrschein
lichsten Resultate aus schon gemachten Beobb. anzugeben. La Place
hat die Sache von einer verschiedenen Seite angesehen, und ein Princip
gewählt, welches auch auf die M. d. kl. Q. führt, und zwar unabhängig
von dem Fehlergesetz, wenn die Anzahl der Beobb. unendlich gross ist,
Allein bei einer mässigen Anzahl Beobb. bleibt man, wenn das
Fehlergesetz unbekannt, ganz im Dunkeln, und La Place weiss auch
selbst für diesen Fall nichts Besseres zu sagen, als dass man die M. der
kl. Q. auch hier anwenden möge, weil sie bequeme Rechnung gewähre.
Ich habe jetzt gefunden, dass bei der Wahl eines etwas andern Prin-
cips als das La PLACE’sche (und zwar eines solchen, wo Niemand in
Abrede stellen kann, dass man wenigstens ebenso gut zu dessen An
nahme befugt sei, als zu dem von La Place, und welches meiner
Meinung nach jeder nicht im Voraus Eingenommene für natürlicher
erklären muss als das La PLACE’sche) — man alle jene Vortheile ver
einigt geniesst, nämlich die M. d. kl. Q. wird in allen Fällen und bei
jedem Fehlergesetz die absolut vortheilhafteste, und die Vergleichung
der Genauigkeit der Resultate mit der der Beobb., die ich in meiner
Tlieoria auf das Fehlergesetz e~~ hhxx gegründet hatte, bleibt allgemein
gültig. Zugleich hat man den Vortheil, dass alles durch sehr klare,
einfache, analytische Entwicklungen bewiesen und aufgelöst wird, was
bei La Place’s Princip und Behandlung keineswegs der Fall zu sein
scheint, sowie namentlich die Generalisirung seines Schlusses von zwei
unbekannten Grössen auf jede Anzahl noch nicht die nöthige Evidenz
zu haben scheint,
Ueber Zweck und Umfang meiner Reise nach Lüneburg hatte ich
Ihnen schon vor Antritt derselben geschrieben. Ob, ohne einen beson
deren Impuls, die wirkliche Fortsetzung der dänischen Gradmessung be
schlossen werden wird, kann ich nicht sagen. Schumacher wird in
Kurzem auf einer besonderen königlichen Brigg nach England abreisen,
um den Zenithsektor, womit Mudge beobachtet hat, und der jenem ge-