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Gauss an Olbers. Göttingen, 1819 [Anfang April],
Ich habe es immer, wenn ich eine der Ihrigen ähnliche Verbesse
rungsmethode angewandt habe, für das Rathsamste gehalten, die Glei
chung quaestionis zu behandeln, als ob sie eine unendliche Genauigkeit
hätte, d. h. ich sehe diese Gleichung als absolut genau an, eliminire
mit Hülfe derselben die eine unbekannte Grösse aus den übrigen Glei
chungen, und bestimme dann die andere unbekannte Grösse nach der
Methode der kleinsten Quadrate. Die so kervorgehende Bahn ist dann
diejenige Parabel, welche unter allen, die die Beobb. I und II 1 ) genau
darstellen, die sämmtlichen übrigen so genau wie möglich darstellt.
V ill man es anders machen, so kann man zwar etwas zuverlässigere
Resultate erhalten; allein der Gewinn an Zuverlässigkeit bleibt so sehr
klein, dass es mir seinetwegen nicht der Mühe wertli schien, die Vor
bereitungsrechnungen zu machen, die zu einer der Wahrscheinlichkeits
theorie gemässen Behandlung nöthig sein würden. Ich habe daher auch
der Rechnung überhaupt eine etwas andere Form gegeben, deren Motive
hier umständlich auseinander zu setzen jetzt wohl zu weitläufig werden
würde.
In jeder Hypothese nämlich, nachdem ich Länge des Perihels und
kleinsten Abstand = q gefunden habe, berechne ich das, was bei
Barker’s Tafel mittlere tägliche Bewegung heisst, einmal aus den beiden
wahren Anomalien und der Zwischenzeit, und dann bloss aus q. Der
erste Werth mag m, der zweite M heissen. Zur Bestimmung der Durch
gangszeit wende ich nun aber nicht, wie Sie zu thun scheinen, M,
sondern m an, so dass beide Beobb. einerlei Durchgangszeit geben müssen;
mit dieser und m berechne ich nachher die übrigen Beobb., die be
rechnete Länge und Breite sei l, b, die beobachtete L, B. In der
zweiten und dritten Hypothese, die sich auf die Abstände g -f- a, o;
g, o-\-ß gründen, wenn p und a der ersten zu Grunde liegen, mögen
die Wertlie jener 4 Grössen durch einen und zwei Accente unterschieden
werden. Setze ich nun, dass in der wahren Hypothese die Abstände
g-\-ax, o —|— ßy sind, so wird angenommen werden dürfen:
I. x (m'—M' — m-\- M) -j- y (m"—M"—= 0
II. x(V — L' — l +L) + 2/(r— L"— Z + L) = 0
HI. x {V —B' — b B) y (■b”—B” — b + B) = 0
Der Gleichung I leiste ich dann genau Genüge, den Gleichungen
II und III (deren so viele Paare da sein werden, als noch vollständige
Beobb. verglichen sind) so genau wie möglich. — Der Bequemlichkeit
wegen mache ich die Rechnung nicht eigentlich auf die Differenzen der
Grössen q, o, m, M selbst, sondern auf die Differenzen ihrer Logarithmen.
G II braucht natürlich nicht der Zeit nach unmittelbar auf I zu folgen; im
Gegentheil, ich nehme in der Regel für II die allerletzte.